piwik no script img

Kontroversen um AutobrändePlötzliche Kehrtwende

Schon Montagnacht fahndeten Bundespolizisten in Berlin nach Autozündlern, vorerst erfolglos. Polizeigewerkschafter kritisiert den Einsatz wegen Personalmangels.

Hier war die Polizei machtlos: Ein ausgebranntes Auto in Spandau. Bild: dpa

Am Ende ging alles ganz flink: Montagmittag besprach sich Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mit dem Staatssekretär im Bundesinnenministerium und den Spitzen von Bundes- und Landespolizei. In der folgenden Nacht war bereits eine Hundertschaft der Bundespolizei auf Berlins Straßen unterwegs, um gegen Autozündler vorzugehen. Erfolg war den Beamten nicht vergönnt: Erneut zündeten Unbekannte elf Autos in Reinickendorf, Spandau, Schöneberg, Gesundbrunnen und Neukölln an.

Insgesamt waren in der Nacht zu Dienstag mehr als 250 Polizisten im Einsatz, sagte ein Sprecher der Berliner Polizei. Laut Innenverwaltung waren darunter 101 Beamte der Bundespolizei, eingesetzt als zivil gekleidete Brandstreifen. Von zwei Helikoptern sei einer von der Bundespolizei gestellt worden. Bundespolizisten fassten zwei Männer, 24 und 28 Jahre alt, nachdem diese in der Rigaer Straße (Friedrichshain) eine Mülltonne entflammt und an einem Wahlplakat gezündelt hatten.

Laut Bundespolizei kommen die entsandten Kräfte aus der Abteilung Blumberg (Barnim) östlich von Berlin. "Wir sind bestrebt, Beamte einzusetzen, die Berlin auch kennen", so ein Sprecher. In Blumberg sind rund 800 Vollzugskräftig tätig, viele für "besondere Anlässe" wie Großveranstaltungen oder dem 1. Mai in Berlin. Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass die Zahl der Bundespolizisten bei Bedarf noch aufgestockt werden könne. Der Einsatz laufe "bis auf Weiteres".

Noch am Wochenende hatte Berlin das Angebot abgelehnt, Bundespolizisten gegen Autobrandstifter heranzuholen. Deren Einsatz sei ohne Orts- und Szenekenntnis wenig sinnvoll. Am Montag dann die Kehrtwende - auf Order von Innensenator Körting. Man habe die Hilfe nie abgelehnt, sondern das Angebot vorerst durch das LKA prüfen lassen, sagt Körting nun. Diese Prüfung habe ergeben, dass der Einsatz taktisch sinnvoll sei. "Deshalb nehmen wir die angebotene Unterstützung gerne an."

Bei der Bundespolizei stößt das Manöver auf Kritik. "Wir haben gar kein Personal, das länger in Berlin aushelfen kann", sagte Josef Scheuring, Chef der Gewerkschaft der Bundespolizei. Die abgezogenen Beamten fehlten nun für andere Aufgaben, etwa auf Bahnhöfen oder bei der Sicherung von Fußballspielen. Scheuring warf dem Senat Taktik vor: "Ohne den Wahlkampf hätte der Einsatz wohl nicht stattgefunden." Die Bekämpfung von Autobränden sei "ganz normale Aufgabe der Landespolizei".

Klaus Eisenreich, Vorsitzender der Berliner Gewerkschaft der Polizei, begrüßte dagegen die Hilfe. "Die Autobrände schaden der Hauptstadt nachhaltig, das ist längst eine nationale Aufgabe." Würde der Senat die Arbeitszeit der Berliner Polizisten umschichten, könnten zusätzliche 400 Beamte eingesetzt werden.

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast forderte "einige hundert zusätzliche Polizisten", um die Brände zu bekämpfen. Im Wahlprogramm sei dies noch nicht so deutlich formuliert worden. "Es zeigt sich jetzt aber, dass es ein Loch gibt", so Künast. CDU-Generalsekretär Bernd Krömer kommentierte die Forderung als "hilflos, ja panisch, vor allem aber unglaubwürdig".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • BP
    BRUNO (NICHT PROBLEM BÄR)

    Oh die Autonation Deutschland.

     

    Des Deutschen liebstes Kind ist und bleibt nun mal das Auto und wenn dieses Brennt dann ist halt Schluss mit Lustig!

     

    Das wissen auch die Feuerteufel und stecken da nun mal eben ihren Finger in den Wunden Punkt der Autofahrer-Seele.

     

    Tja, wäre Deutschland eine Fahrrad-Nation dann gäbe es diese Probleme so ganz sicher nicht!!!

     

    Mein Mitgefühl haben Autos allerdings, auch, bei mir nicht. Je weniger es von diesen Blechbüchsen gibt desto besser für uns alle, ha,ha, ha,....:o)

  • AW
    Andy Wand

    @ Mirwalt: Vorsicht. Ihr Post ist nah, wenn nicht sogar schon über der Grenze zur Straftat:

    "Die öffentliche Billigung einer Straftat kann bestraft werden...mit Haft bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe" §140 Strafgesetzbuch

     

    Da Sie die Taten allerdings gut heißen, könnten Sie auch von der Autolobby bezahlt werden, die verdient nämlich prächtig an den nächtlich brennenden Besitztümern und ein guter Kommentar hier könnte sicher dem Feuerteufel die verdiente "Credibily" geben, damit er trotz der Polizei weiter macht...

     

    Davon mal abgesehen, finde ich es zwar gut, dass die Polizei endlich was tut und versucht aufzuklären, eine andere Art der Fahndung wäre jedoch effektiver... Den Rest darf sich jeder mit genügend Schmalz unter der Locke dazureimen.

  • A
    Autofreier

    Hundert Bundespolizisten sind Streife gegangen und haben keinen einzigen Verbrecher gefasst.

     

    Hätten die sich mal an Zebrastreifen postiert, wäre es möglich gewesen hunderte der armen Autofahrer wegen § 315c dranzukrigen.

     

    § 315c StGB

    (1) Wer im Straßenverkehr

    ...

    2.grob verkehrswidrig und rücksichtslos

    ...

    c)an Fußgängerüberwegen falsch fährt,

    ...

    und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

  • U
    Ulf

    Ach der Herr Mirwalt mit seiner üblichen Verachtung. Haben Sie schon mal über eine Therapeutischebehandlung Ihres Problems nachgedacht, oder wirken die Pillen nicht mehr?

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Was ist mit Bürgerwehren? Es gibt ja schon welche: die nachts die Mordmaschinen namens Autos beseitigen.

     

    Ich fahre nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber Autofahrern nichts als Verachtung.