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Kontroverse um das M-WortDas weiße Denken der Macht

Gastkommentar von Thomas Hunstock

In Kassel beschloss die Bürger:innenschaft, nach dem N-Wort auch das M-Wort zu ächten. Doch die lokalen Behörden boykottieren die Umsetzung.

Aus Mohrenstraße soll Möhrenstraße werden Foto: imago

R assismus ist keine Meinung. Kontroverse Debatten über Menschenrechte verbieten sich für Demokrat:innen. Ungeachtet dessen werden diese Debatten seit Jahrzehnten teils aggressiv geführt, insbesondere diejenigen rund um das rassistische M-Wort. In Kassel sollten diese kolonial geprägten Scheindebatten nach dem Willen der Bür­ge­r:in­nen endlich ein Ende haben.

Im Juni 2021 beschlossen die demokratisch gewählten Ver­tre­te­r:in­nen der Kasseler Bürgerschaft, das M-Wort in jeglicher Konstellation aus der Stadt zu verbannen. Daraus geht ein generelles Verbot des Begriffes hervor, welches für die Kasseler Stadtverwaltung rechtlich bindend ist.

Außerhalb der lokalen Behörden lässt sich eine Verwendung des M-Wortes zwar nicht untersagen, allerdings ist es für De­mo­ka­t:in­nen seit dem Beschluss auch nicht mehr möglich, die Weiterverwendung dieses Begriffs zu rechtfertigen – so wie bei der Kontroverse um die Kasseler „Mohren-Apotheke“.

Auch der Kasseler Regierungspräsident kommt in seiner Funktion als Aufsichtsorgan des Magistrats der Stadt Kassel zu der Auffassung, dass die Ächtung des M-Wortes für die Stadt Handlungsoptionen eröffnet. Diese zu ergreifen, liegt im eigenen Ermessen der Stadt. Auf Nachfragen gibt der Oberbürgermeister Geselle (SPD) aber erstaunlicherweise zu verstehen, dass es ihm nicht möglich sei, dem Beschluss Maßnahmen folgen zu lassen. Die Stadträtin Maisch (Grüne) lässt über das Amt für Chancengleichheit eine ähnliche Stellungnahme abgeben.

Thomas Hunstock

ist Antirassismusaktivist aus Kassel. Ge­mein­sam mit seiner Frau hat er erreicht, dass Kassel 2021 als erste und bisher einzige Stadt jegliche Verwendung des M-Wortes als rassistisch anerkannte.

Die Einigkeit der Verantwortlichen darüber, den demokratisch gefassten Beschluss nicht umzusetzen, zeigt exemplarisch das weiße Denken der Machtorgane, deren Macht doch eigentlich vom Volke ausgehen müsste. Verlangt das Volk aber, jahrzehntealte rassistische Traditionen samt deren Rechtfertigungsstrategien zu beenden, stellen sich die Verantwortlichen schützend vor die M-Wort-Verwender:innen, um die bestehenden Machtverhältnisse zu erhalten.

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4 Kommentare

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  • Ich hatte kurz die Hoffnung, daß man sich entschlossen hat, auf dieses unsägliche "Möhre" zugunsten des viel schöneren "Karotte" zu verzichten - aber das hier ist natürlich auch in Ordnung.

  • Kommentar gekürzt. Die Moderation.







    Warum heißt eine "Mohren-Apotheke" eigentlich so? Wenn ein Apotheker für seine Apotheke einen Namen sucht, wählt er doch wohl einen Namen, der geschäftsfördernd ist oder sein soll. Auch wenn der jetzige Apotheker den Namen einfach "geerbt" hat, hat doch einer seiner Vorgänger irgendwann mal diese Entscheidung getroffen. Warum also der "M-Name"? Weil man früher davon ausging, daß die hiesigen Medikamente und Tinkturen höchst unzureichend wirkten, wies man mit dem "M-Namen" darauf hin, daß in dieser Apotheke nicht nur einheimische Produkte, sondern auch solche von "Mauren" (=Arabern im Orient) erhältlich sind, was für die Apotheke spricht, weil die Mauren/M***** im medizinischen Bereich besonders hohes Ansehen genossen.



    Und das soll nun rassistisch sein?

    • @yohak yohak:

      Kommentar gekürzt. Die Moderation.

      Sie haben Recht!: Der Begriff "M****" in der Namensgebung von Apotheken bezog sich einst auf die maurische (rsp. arabische) Medizin, die einst in hohem Ansehen stand, also absolut positiv besetzt war. So diente ja auch der (schwarze) hl. Mauritius als Schutzheiliger dieser Apotheken. Auf ihn bezogen sich ja diese Apotheken in der Namensgebung. Er diente der umsatzsteigernden Werbung für deren Produkte.



      Mit wohl ähnlicher Motivation benannten sich einst auch Gasthäuser und Brauereien entsprechend. Welcher Wirt gibt seinem Gasthaus schon einen verächtlichen Namen?



      Bei der Namensgebung von Strassen wird es wohl ähnlich gewesen sein. Und dies alles in Zeiten in denen rassistisches Denken eigentlich "normal" war. Und dann trotzdem... Der augenfällige Widerspruch fällt auf. Er liegt halt in der Historie begründet die schon immer ambivalent war. Man denke einfach nur mal auch an die Popularität von Ivan Rebroff und seinen pseudorussichen Gesängen in Zeiten des kalten Krieges.



      Ambivalenz ist aber für manche Gemüter gar nicht auszuhalten. Insbesondere wenn sie in ihrem alltäglichen Leben unter Rassismus zu leiden haben.



      Ob es aber Sinn macht die Leiden von heute zu kurieren indem man die Ambivalenz von Vorgestern attackiert darf freilich bezweifelt werden. Mir erscheint es wie das Zerstören von Rebroff-Schallplatten als Reflex auf den Krieg in der Ukraine.



      Der Weisheit letzter Schuss - in den Ofen.

  • Booey. Ich Rassist. Hab ich doch glatt Dienstag abends!



    Es mir bei einem blinddate in der M-Stroß zu fünft herrlich schmecken lassen!



    Ok Ok - Zum Ausgleich - mit Kölsch aus der Schreckenskammer.



    & Däh



    Dee hillig St. Ursula stand mir also bei!



    Na aber Si’cher dat. Dat wüßt ich ever. Da mähtste nix.



    Normal.

    unterm—— btw & entre nous only



    Es gab zwar ua Kassler zum Grünkohl. Doch.

    kurz - KS - die steingewordene Ödnis! Woll.



    K - Jottes Homeoffice • Normal.

    & nochens



    “„Der Name soll an den Heiligen Gregorius Maurus und andere Soldaten der thebäischen Legion erinnern – unter anderem auch an St. Gereon –, die afrikanischer Herkunft waren“, sagt die Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst. Der Legende nach wurde Gregorius Maurus im Jahr 304 in Köln hingerichtet, weil er sich weigerte, Christen zu verfolgen.

    Mohrenstraße in Köln ist 1844 so genannt worden

    „Die Römer hatten überall Soldaten rekrutiert und es gibt Darstellungen dieser Personen als Afrikaner. Daher der Name „Mohrenstraße““, sagt Bechhaus-Gerst. „Dass es sich hier um eine Ehrung handelt, ändert aber nichts daran, dass die Bezeichnung rassistisch ist.“ Laut des „Kölner Straßennamen-Lexikons“ sei die Straße 1844 so benannt worden.

    Ein generelles Problem aus Sicht der Expertin: „Das N-Wort, das wissen viele mittlerweile, ist rassistisch, und sollte nicht verwendet werden. Aber das M-Wort hat für nicht wenige eine positive Konnotation, weil sie es mit als „putzig“ betrachteten Figuren in Verbindung setzen.“ (dpa)



    www.express.de/koe...nannt-werden-57917

    Natalije - un nu komms du - 🙀🥳 -