Kontroverse um Flüchtlinge in Sachsen: Landrat hinter NPD-Fahnen

Meißens CDU-Landrat lud NPD-Demonstranten zum Gespräch über ein Flüchtlingsheim. Der Kreistag berät über eine Missbilligung.

Landrat Arndt Steinbach (CDU) gilt als unberechenbar. Bild: imago/star-media

DRESDEN taz | Die NPD feierte es am 19. Februar als einen Triumph: Landrat Arndt Steinbach (CDU) redete nicht nur auf einer von ihr veranstalteten Kundgebung gegen das „Asylchaos“ im sächsischen Landkreis Meißen. Er setzte sich anschließend auch noch mit etwa 50 der 200 Demonstranten im Rathaus an einen Tisch, darunter der als Scharfmacher bekannte ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel.

Gegendemonstranten des Bündnisses „Buntes Meißen“ hatten eine Teilnahme an diesem Gespräch abgelehnt. Auf einer Sondersitzung des Kreistages, verlangt von der gemeinsamen Fraktion SPD/Grüne/Piraten und der Linken, soll das Verhalten des Landrats missbilligt werden.

Der NPD-Demonstration waren bereits mehrere Bürgerproteste im Landkreis vorausgegangen. Sie richteten sich sowohl gegen die Vielzahl aufzunehmender Flüchtlinge als auch gegen die als besonders schlecht empfundene Informationspolitik des Landratsamtes. Umstritten sind beispielsweise die Einrichtung von Heimen in einem Dorf bei Nossen und in Meißen.

Wegen der überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen in Chemnitz und Schneeberg hatte das Land Sachsen im Februar kurzerhand 250 Flüchtlinge in der Turnhalle der Verwaltungsfachhochschule Meißen untergebracht.

Bizarre Bilder

Der Sondersitzungs-Antrag zielt sowohl auf das konkrete Verhalten des Landrates am 19. Februar als auch auf eine allgemeine Diskussion der Flüchtlingspolitik im Landkreis. Die beiden linken Fraktionen hatten bereits einen Tag nach dem Vorfall eine Erklärung verbreitet. Darin begründen sie, warum sie die Gesprächseinladung des Landrates ausschlagen mussten. Es könne „keinen gleichberechtigten politischen Umgang mit einer Partei geben, deren Grundlage eine menschenverachtende Ideologie ist“, heißt es darin.

Steinbach habe sich an ein Mikrofon gestellt, von dem aus gegen Ausländer gehetzt wurde. Bizarre Bilder taten wohl ein Übriges. Steinbach erschien in einem Feuerwehrumhang und trottete auf dem Weg zum Rathaus NPD-Fahnen hinterher.

„Ich habe keine NPD eingeladen, sondern die Demonstranten beider Seiten“, rechtfertigt sich der Landrat. Nur 4 oder 5 NPD-Mitglieder seien unter den 30 Teilnehmern gewesen. Für das „sachliche Gespräch“ erfahre er inzwischen sogar Zustimmung aus linken Kreisen.

„Unberechenbar und spontan“

Davon ist beim Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und Piraten Thomas Gey nichts zu spüren. Wenn Steinbachs Plädoyer für mehr Information und Argumentation ernst gemeint wäre, müsse er sich erst einmal an die eigene Nase fassen. Gey beschreibt den Landrat als „unberechenbar und spontan“. Von Absprache und Koordination könne keine Rede sein. In dem NPD-Gespräch beispielsweise platzte Steinbach mit der Schnapsidee heraus, die 2017 frei werdende Justizvollzugsanstalt Zeithain für die Flüchtlingsunterbringung zu nutzen.

Die auch von der CDU-Fraktion konstruktiv mitgetragene Arbeitsgruppe „Asylunterkunft“ des Kreistages laufe hingegen häufig ins Leere. Wegen seines schroffen Auftretens gegenüber Innenminister Markus Ulbig (CDU) sei Steinbach sogar bei den anderen neun sämtlich der Union angehörenden Landräten relativ isoliert.

Wegen der Mehrheit von CDU, AfD und FDP im Kreistag dürfte der gemeinsame Antrag der linken Fraktionen am Donnerstag keine Chance haben. Spannung verspricht allerdings deren Ansinnen, ein 2008 gemeinsam von allen demokratischen Fraktionen beschlossenes Papier zu erneuern, das eine Zusammenarbeit mit der NPD ausschließt. Im Juni werden in Sachsen die Landräte neu gewählt.

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