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Kontrolle von Kambodschas MedienZensur durch Zwangsverkauf

Ein regierungsnaher Investor kauft die letzte unabhängige Zeitung auf. Er feuert den Chefredakteur, nachdem der sich kritisch äußert.

Weil die Montagsausgabe der Phnom Penh Post über die Verbindungen des neuen Besitzers mit dem Premierminister berichtete, wurde der Chefredakteur gefeuert. Foto: reuters

BERLIN taz | An der Spitze von Kambodschas letzter unabhängiger Zeitung hat es diese Woche nach einem überraschenden Verkauf des Blattes besorgniserregende Umbrüche gegeben. Der Chefredakteur und 13 leitende Redakteure wurden gefeuert oder haben aus Solidarität gekündigt, nachdem sie kritisch über den Verkauf der Phnom Penh Post an einen regierungsnahen Investor berichtet hatten.

Neuer Eigentümer der auf Englisch und Khmer erscheinenden Zeitung ist seit Samstag der malaysische PR-Berater Sivakumar Ganapathy, Besitzer von Asia PR.

Seine Firma rühmt sich auf ihrer Webseite der früheren Zusammenarbeit mit der kambodschanischen Regierung des autoritären und seit 1995 amtierenden Ministerpräsidenten Hun Sen und der regierungsnahen Zeitung Cambodia Times.

In Kambodscha wird in zwei Monaten ein neues Parlament gewählt. Die aussichtsreichste Oppositionspartei CNRP wurde bereits verboten. Wichtige Oppositionelle sitzen im Gefängnis oder sind ins Exil geflohen.

Angebliche Steuerschuld erzwingt Verkauf

Seit 2008 hatte die 1992 gegründete Phnom Penh Post dem australischen Bergbauunternehmer Bill Clough gehört. Doch plötzlich wurde das Blatt kürzlich von den Behörden mit einer angeblichen Steuerschuld von 3,9 Millionen Dollar konfrontiert.

Das ließ viele Kambodschaner aufhorchen. Denn bereits im letzten Jahr war das Konkurrenzblatt Cambodia Daily geschlossen worden, nachdem es mit einer angeblichen Steuerschuld in Millionenhöhe konfrontiert worden war.

Die Behörden hatten sich damals nicht einmal die Mühe gemacht, in die Bücher des Blattes zu schauen oder ihre Forderung detailliert aufzuschlüsseln. Es ging ganz offensichtlich darum, Cambodia Daily in Schwierigkeiten zu bringen.

Für Bill Cloughs Post bot sich jetzt mit einer Art Zwangsverkauf der Zeitung ein anderer Ausweg. Für einen unbekannten Preis wechselte das Blatt den Besitzer. Dabei, so heißt es in einer Erklärung Cloughs, wurde auch die Steuerschuld beglichen.

Reporter des für investigative Geschichten bekannten Blattes schrieben darauf über den plötzlichen Verkauf ihrer Zeitung und recherchierten auch die Verbindungen des neuen Besitzers mit der Regierung von Ministerpräsident Hun Sen. Den Aufsehen erregenden Bericht machten sie zum Aufmacher des Blattes.

Neuer Besitzer feuert gleich den Chefredakteur

Doch der neue Besitzer fand das keine gute Idee. Ein von ihm beauftragter Rechtsanwalt tauchte in der Redaktion auf und feuerte Chefredakteur Kay Kimsong. Der hatte sich geweigert, den aus seiner Sicht solide geschriebenen Bericht zurückzuziehen.

Sivakumar warf den Autoren schlechte Recherche vor, nannte allerdings keine Details. Für Medien ist er derzeit gar nicht zu sprechen.

23 Redakteure verteidigten in einer öffentlichen Erklärung den Bericht und Kay Kimsongs Entscheidung zum Abdruck: „Unser Artikel war in dem Versuch geschrieben worden, die Transparenz und Integrität unseres Blattes aufrecht zu erhalten, wie wir es in den letzten mehr als 25 Jahren getan haben,“ schrieben die Reporter am Montag.

Ein Regierungssprecher erklärte inzwischen lapidar, die Vorgänge nicht mitbekommen zu haben, es handele sich doch auch um ganz „normale Geschäftvorgänge“.

32 Radiostationen geschlossen

„Die Phnom Penh Post ist jetzt ein sinkendes Schiff,“ kommentierte Phil Robertson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Kambodschas Regierung hatte im letzten Jahr bereits 32 Radiostationen schließen lassen, die sich nicht scheuten, auch kritisch zu berichten.

In der Rangliste der Pressefreiheit, die von der Organisation Reporter ohne Grenzen erstellt wird, hat Kambodscha im letzten Jahr 10 Plätze verloren. Das Land steht jetzt auf Rang 142 von 180 Staaten. Von Kambodschas einstiger Medienlandschaft sind „nur noch Trümmer übrig“, schreibt die Organisation in ihrem jüngsten Jahresbericht.

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