: Kontakt tut Not
Gummiflechten, Holznistkästen: „Intime Expeditionen“ zeigt Arbeiten von 23 Künstlerinnen aus dem Fundus des Förderprogramms Goldrausch
von RICHARD RABENSAAT
„Goldrausch ist ein sehr erfolgreiches Projekt zur Künstlerinnenförderung. Der Senat hat überhaupt nicht die Absicht, seine Unterstützung einzustellen“, erklärt die stellvertretende Leiterin der Pressestelle für Arbeit, Soziales und Frauen, Regine Kneiding. Eine so klare Stellungnahme seitens derjenigen, die der Goldsuche von Künstlerinnen in den trüben Gefilden kapitalistischer Verwertungsmechanismen auch ein abruptes Ende hätten bereiten können, ist erfreulich. Noch auf der Presskonferenz zur Eröffnung der gegenwärtigen Jubiläumsausstellung im Haus am Waldsee hatte die langjährige Projektleiterin Anne Marie Freybourg mit trauriger Miene allerdings die Niederlegung ihres Amtes verkündet. „Angesichts finanzieller Kürzungen sehe ich keine andere Möglichkeit zu handeln für mich“, sagte sie in ihrer Rede.
Eine Zusammenarbeit zwischen dem Goldrausch-Projekt und seiner Initiatorin wird es in Zukunft wohl auch tatsächlich nicht mehr geben. „Wir haben uns einvernehmlich von Frau Freybourg getrennt“, meint Sabine Ballert, Vorstandsmitglied des Goldrausch-Trägervereins. Auslöser der Streitigkeiten war eine von Freybourg vorgenommene Neukonzeption des Projekts. Sie wollte die Qualifizierungsmaßnahmen zeitlich von der alljährlich stattfindenden Abschlussausstellung trennen. „Wir haben gleich darauf hingewiesen, dass der Senat da nicht mitspielt“, behauptet Ballert. Die veränderte Zeitplanung habe zu einer insgesamt 14-monatigen Projektphase geführt, dafür allerdings hätte es keine Fördermittel gegeben: „Wenn keine Teilnehmer da sind, bekommen wir auch keine Gelder aus dem europäischen Sozialfonds.“ Eine anderweitige Förderung von Seiten des Bundes sei nicht in Aussicht, ein entsprechender Antrag auf Bundesebene auch nicht eingereicht.
Dennoch sind die Verdienste Anne Marie Freybourgs unbestritten. Von ihrer rührigen Aquisetätigkeit profitiert nicht zuletzt die gegenwärtige Ausstellung im Haus am Waldsee, in der Exponate aus zwölf Jahren Künstlerinnenförderung gezeigt werden. Die gemeinsam mit der Kuratorin Annette Thomas konzipierte Ausstellung zeigt Positionen von 23 Künstlerinnen aus einem Fundus von insgesamt 180 Teilnehmerinnen des Projektes in den vergangenen Jahren. Eine von ihnen ist Gabriele Basch. Auch heute noch ist sie dankbar für die Unterstützung, die sie vor sieben Jahren bei Goldrausch erfuhr: „Ohne die Ermutigung dort hätte ich mich nie getraut, nach London zu gehen“, beteuert sie. Die vom Projekt angestrebte Professionalisierung der Künstlerinnen im Ausstellungsbetrieb hat bei ihr gefruchtet: „Ganz wichtig sind Netzwerke, in die man nur über andere Künstler oder Kuratoren gelangen kann“, so ihre Erkenntnis. Über ebendiese Netzwerke ergäbe sich dann der notwendige Kontakt zu Galeristen und Ausstellungsmachern.
Im Haus am Waldsee präsentiert Basch eine Arbeit, die sich, wie viele vorangegangene, auf der Basis eines Scherenschnitts mit dem Ornament befasst. Piktogramme von Blumen, Teddybären und Comic-Helden sind zu einem dichten Geflecht von Zeichen verwoben, das einige Zentimeter vor der Wand stehend montiert ist. Nicht von ungefähr löst der Muster-Vorhang Assoziationen an den Romantiker Philipp Otto Runge aus. Der rückwändige, orange gestrichene Teil des Schnittes reflektiert ein rötliches Licht von der weißen Wand.
Die Bedeutung einer konsequenten künstlerischen Position, die sie auch in der jetzigen Ausstellung vertritt, wurde der HdK-Absolventin erst bei ihrer Teilnahme am Goldrausch-Projekt vermittelt: „Da musste ich meine Sachen das erste Mal richtig gegen andere Künstlerinnen und Kuratorinnen verteidigen.“ Diese Auseinandersetzung ist für sie denn auch wesentlich bei der eigenen Positionierung im Kunstbetrieb gewesen.
Anders als Basch, die mit traditionellen Techniken arbeitet, experimentieren viele der gezeigten Arbeiten mit unüblichen Kunstwerkzeugen. Maria Eichhorns „Nistkasten“ ist auch tatsächlich ein solcher: Der Holz-Verschlag hängt in luftiger Höhe an einer Tanne hinter dem Haus am See. Catrin Ottos mit fleischfarbenen Gummistopfen vollgestellte Hochglanzfotos, montiert in Bügelbretter und Plastikkoffer, siedeln das titelgebende „Schöne, Intime und die Neugierde“ in einer vielfach genoppten, von phallischen und vaginalen Andeutungen durchsetzen Welt an. Die Verschiedenheit der Positionen macht die Notwendigkeit von Goldrausch nicht zuletzt als Orientierungspunkt für Künstlerinnen deutlich.
Bis 7. 10., Di bis So 12–20 Uhr, Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, Zehlendorf
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