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Konservativer Trump-Gegner KinzingerFür die Republikaner ein Verräter

Der US-Abgeordnete Adam Kinzinger wurde in den Ausschuss zur Erstürmung des Kapitols berufen. In seiner Partei steht er mehr denn je in der Kritik.

Adam Kinzinger ist einer von nur zwei Republikanern im US-Untersuchungsausschuss Foto: Amanda Andrade-Rhoades/ap/dpa

Berlin taz | Der republikanische US-Abgeordnete Adam Kinzinger war schon sein Gegner, bevor Donald Trump 2016 zum Präsidenten gewählt wurde. Trump habe „zu viele rote Linien überschritten“, erklärte Kinzinger während des Wahlkampfs im August 2016. Er werde ihn nicht länger unterstützen, „egal, welchen politischen Preis ich dafür zahlen muss“.

Vier Jahre lang war von einer harten Opposition Kinzingers zu Trump allerdings nichts zu hören – in rund 91 Prozent aller Fälle stimmte er mit der Mehrheit der Republikaner und Trump, und auch beim ersten Amtsenthebungsverfahren 2019 scherte Kinzinger nicht aus. Das änderte sich erst mit der Präsidentschaftswahl 2020. Kinzinger kritisierte Trumps Lügen über den angeblichen Wahlbetrug. Beim zweiten Impeachmentverfahren schließlich gab er seine Stimme für Trumps Verurteilung ab.

Jetzt, sechs Monate nach Joe Bidens Amtsantritt, steht Kinzinger, der seit 2011 Illinois 16. Wahlbezirk vertritt, mehr denn je in der Kritik seiner eigenen Partei. Denn er ist einer von nur zwei republikanischen Abgeordneten, die dem Untersuchungsausschuss zum Sturm von Trump-Anhänger*innen aufs Kapitol am 6. Januar angehören.

Nur die Trump-Gegnerin Liz Cheney und Kinzinger akzeptierten die Berufung in den Ausschuss durch Repräsentantenhauschefin Nancy Pelosi. Die anderen Republikaner*innen, die deren Fraktionsvorsitzender Kevin McCarthy vorgeschlagen hatte, zogen kollektiv zurück. Zuvor hatte Pelosi zwei der fünf abgelehnt, weil ihre Teilnahme „die Integrität des Gremiums“ beschädigt hätte. Kinzinger wird nunmehr aus den eigenen Reihen lautstark Verrat vorgeworfen.

Immer bereit, wenn die Pflicht ruft

„Ich bin“, erklärte der 43-Jährige auf Twitter, „ein Republikaner, der sich konservativen Werten verpflichtet fühlt, aber ich habe einen Eid geschworen, die Verfassung zu achten und zu verteidigen, und auch wenn das nicht die Position ist, in der ich zu sein dachte oder die ich anstrebte, werde ich immer bereit sein, wenn die Pflicht ruft.“

Der Untersuchungsausschuss, der am Dienstag seine Arbeit aufnehmen sollte, will herausfinden, wie genau es zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar kommen konnte. Es war der Tag, an dem beide Kammern des Kongresses die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl bestätigten und damit den Sieg Joe Bidens bei den Wahlen vom November amtlich machen sollten.

Trump hatte für den Vormittag zu einer großen Kundgebung gegen den „Wahlbetrug“ nach Washington mobilisiert und dort von der Bühne aus seine Tausende An­hän­ge­r*in­nen zum Marsch aufs Kapitol aufgerufen. Es kam zur gewaltsamen Erstürmung, die Polizei wurde überrollt, die Nationalgarde traf erst nach Stunden ein. Trump-Anhänger*innen, darunter organisierte Milizen, gelangten ins Innere des Gebäudes, in den Plenarsaal und in Abgeordnetenbüros, in der Folge kam es zu fünf Toten.

Dass der Untersuchungsausschuss nun überparteilich die Ereignisse des Tages rekonstruieren soll, gefällt den Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen nicht – und umso wütender sind sie jetzt auf Abtrünnige wie Adam Kinzinger.

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2 Kommentare

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  • 6G
    68514 (Profil gelöscht)

    Naja, ich frage mich immer wieder, ob man es noch Demokratie nennen kann, wenn alle wie die Schäflein hinter dem Leithammel herlatschen. In eine gemeinsame Richtung müssen alle schon irgendwie gehen. Aber es ist die Frage, wie diese Richtung festgelegt wird. Einfach per Dekret? Wie zu SED-Zeiten? Da wurde mit Kritikern auch nicht zimperlich verfahren. Oder aber durch permanente Abstimmungen? Wie es in demokratischen Systemen ja eigentlich Standard sein sollte? Ich habe ja kein Problem damit, wenn Kritik heftigen Gegenwind erzeugt, aber zu allem Ja und Amen sagen zu müssen, entspricht nicht meinem Weltbild.

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