Kongresswahl in Argentinien: Wo Hundefutter zur Anlage wird
Vor der Parlamentswahl in Argentinien hat der US-Finanzminister einen Währungstausch in Milliardenhöhe verkündet. Doch nur, wenn Javier Milei gewinnt.
N euerdings erhalte ich beim Gassigehen mit meiner Hündin Pinky interessante Tipps, wie man sich gegen Wechselkursschwankungen des Pesos schützen kann. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass niemand in Argentinien Vertrauen in die Landeswährung hat. Und es ist auch nichts Neues, dass vor jeder nationalen Wahl der Wert des US-Dollars steigt und der des Pesos fällt, weil die Argentinier*innen vorher lieber ihre Pesos in Dollar tauschen.
Weil der Ausgang der Wahlen so ungewiss ist, bevorzugen 70 Prozent der Argentinier*innen, die etwas Geld beiseite legen können, echte Dollarscheine oder auf Dollar lautende Wertpapiere. Doch diesmal ist vor den Kongresswahlen am Sonntag alles anders. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes hat das US-Finanzministerium direkt in den lokalen Finanzmarkt eingegriffen. „Argentinien steht vor einer schweren Liquiditätskrise. Aus diesem Grund kaufen wir heute direkt argentinische Pesos“, twitterte US-Finanzminister Scott Bessent aus Washington. Prompt setzte der Peso in Buenos Aires zum Höhenflug an.
„Ich habe jetzt fünf große Säcke Hundefutter gekauft“, erzählt mir das Herrchen von dem Boxer-Rüden aus der Parallelstraße, während meine Hündin Pinky den Nachbarshund freudig beschnuppert. Damit sei er auf der sicheren Seite. Vor den letzten Wahlen habe er seine Peso wie alle in Dollar getauscht. „Natürlich klandestin, offiziell durfte damals ja niemand“, fügt er leiser hinzu. Inzwischen ist das legal über die Banken möglich.
Sein Schwager hat auch diesmal alles auf die Dollar-Karte gesetzt. Er arbeitet bei einem Wirtschaftsforschungsinstitut, also müsse er Bescheid wissen. „Aber mit den USA hat der auch nicht gerechnet“, verrät das Boxer-Herrchen. Lange Zeit schien ja auch alles wie immer: Je näher der Wahltag rückte, desto größer wurde die Nachfrage nach Dollars. Doch die Zentralbank musste diesmal so viele Dollar auf den Markt werfen, um den Wertverlust des Pesos zu bremsen, dass ihr die Dollars auszugehen drohten.
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„Das Vaterland ist nicht zu verkaufen“
Schließlich machte der US-Finanzminister dem Spuk ein Ende. Prompt stieg der Kurs des Peso. Allerdings nur, bis US-Präsident Trump erklärte, dass damit Schluss sei, sollte Milei die Kongresswahlen am kommenden Sonntag nicht gewinnen. „Wenn er nicht gewinnt, werden wir unsere Zeit nicht verschwenden“, so Trump. Seither ist der Peso wieder im Sinkflug. Selbst der diese Woche vereinbarte Währungsswap im Wert von 20 Milliarden Dollar zwischen der argentinischen Zentralbank und dem US-Finanzministerium hat daran nichts geändert.
„Wer hätte erwartet, dass der studierte Ökonom Javier Milei bei seiner Paradedisziplin Finanzen so am US-Haken hängen wird“, seufzt das Boxer-Herrchen, es hat sich vom überzeugten Milei-Wähler zum Siperista gewandelt. Eine Kombination aus „Si, pero – ja, aber“. Ihnen hatte Milei seinen Triumph vor zwei Jahren letztlich zu verdanken, nun aber sind sie nachdenklich geworden.
Pinky hat mittlerweile Reina entdeckt. Seit die Colliehündin vor etwa einem Jahr aus Rosario in unsere Nachbarschaft gezogen ist, freut sich Pinky immer besonders, wenn sie sie trifft. „Sie sind doch Journalist, oder? Haben Sie gehört, was Trump letzten Montag gesagt hat?“, fragt mich Reinas Frauchen. „Ja“, sage ich und zitiere den US-Präsidenten: „Argentinien kämpft ums Überleben. Nichts hilft ihnen. Verstehen Sie, was das bedeutet? Sie haben kein Geld, sie haben nichts, sie sterben.“
„Der hat doch echt nicht mehr alle Tassen im Oval Office“, schimpft sie. Eigentlich wollte sie nicht wählen und sei auch immer noch im Wahlregister von Rosario. Aber das habe sie so wütend gemacht, dass sie am Sonntag nun die über 200 Kilometer bis zu ihrem Wahllokal in der Hafenstadt am Río Paraná fahren wolle, um die Fuerza Patria der Peronisten zu wählen. „La Patria no se vende – Das Vaterland ist nicht zu verkaufen“, sagt sie entschlossen, während Pinky an der Leine Richtung Fressnapf zieht.
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