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Kongos Präsident in BerlinNeuanfang und schöne Worte

Angela Merkel und Felix Tshisekedi schlagen „neues Kapitel“ in den deutsch-kongolesischen Beziehungen auf. Noch steht da wenig drin.

„Strategisches Interesse“ an Kongos Entwicklung: Angela Merkel mit Felix Tshisekedi in Berlin Foto: reuters

Berlin taz | Mit vielen schönen Worten, aber ohne konkrete Zusagen hat am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel den kongolesischen Staatspräsidenten Felix Tshisekedi in Berlin empfangen. Man habe „ein neues Kapitel der Beziehungen aufgeschlagen“ und die Entwicklungen in der Demokratischen Republik Kongo seien „sehr positiv“, lobte Merkel den Gast. Deutschland habe ein „strategisches Interesse“ an der Entwicklung des Kongo.

Tshisekedi antwortete, Kongo solle der „Motor Afrikas“ werden, so wie Deutschland in Europa. Ihm gehe es um „die Wiederherstellung eines modernen Staates im Herzen Afrikas“, und er garantiere die Bemühungen, Korruption zu bekämpfen und das Geschäftsklima zu verbessern.

Die Lage in seinem Land bezeichnete Tshisekedi als „in manchen Gegenden besorgniserregend“ und nannte Gewalt in den Provinzen Ituri, Nordkivu, Südkivu, Tanganyika und Kasai-Central. Während es in den letzten beiden um vereinzelte bewaffnete Aktivitäten gehe, litten die ersten drei unter „Gewalt, die ausgelöscht werden muss“, so der Präsident.

In Frankreich, von wo aus er nach Berlin gekommen war, hatte sich Tshisekedi zuvor Zusagen von Militärhilfe zum Kampf gegen bewaffnete Gruppen im Ostkongo abgeholt.

Evaluierung in sechs Monaten

Kongos neuer Präsident ist seit zehn Monaten im Amt und hat in dieser Zeit zahlreiche Auslandsreisen unternommen, um die unter seinem Vorgänger Joseph Kabila zunehmend angespannten Beziehungen zum Rest der Welt zu kitten und Finanzhilfen und Investitionen für das heruntergewirtschaftete Land mit 80 Millionen Einwohnern zu akquirieren.

Merkel nannte neben dem Rohstoffsektor den Bau kleiner Wasserkraftwerke sowie den verstärkten Schutz der Regenwälder des Kongobeckens als mögliche Bereiche. Sie habe vorgeschlagen, in sechs Monaten Bilanz über die Lage im Kongo zu ziehen, um dann zu sehen, was genau Deutschlands Beitrag sein könne. Abwarten, ob Tshisekedis Kurs sich durchsetzt, lautet also die Devise.

Felix Tshisekedi, Sohn eines historischen kongolesischen Oppositionsführers, hatte im Januar nach fast auf den Tag genau achtzehn Jahren zunehmend erratischer Kabila-Herrschaft sein Amt übernommen, als Ergebnis eines weithin angezweifelten Wahlsiegs und eines mutmaßlichen Deals mit seinem Vorgänger. Joseph Kabila wohnt nach wie vor in der Präsidentenresidenz und seine Getreuen dominieren Regierung und Parlament. All das schränkt nach Meinung vieler Kongolesen den Handlungsspielraum des neuen Präsidenten erheblich ein.

Kabila-Frage ist für Tshisekedi nur „Ablenkung“

Eine Frage eines kongolesischen Journalisten nach seinem Verhältnis zu seinem Vorgänger quittierte Tshisekedi in Berlin mit dem Hinweis, dieses Thema sei eine „Ablenkung“. Kabila habe „erwiesene Regierungserfahrung“ und sei ein „Berater, den ich ab und zu brauche“ und der von manchen Dingen mehr verstehe. Aber „er weiß, dass ich das Land führe“.

Vor seiner Abreise am Freitagabend, früher als ursprünglich geplant, sprach Tshisekedi vor mehreren hundert jubelnden Kongolesen auf einem von der Botschaft seines Landes organisierten Treffen in einem Ballsaal. Den größten Applaus erhielt er für seine Ankündigung, er wolle aus dem Kongo „das Deutschland Afrikas“ machen.

Das Land müsse vereint nach vorne blicken, rief der Präsident seine Landsleute auf, und sich mit seinen Nachbarn und der Weltgemeinschaft versöhnen. Der Kongo müsse Investoren willkommen heißen und sie nicht durch Korruption und Willkür wieder vergraulen wie bisher.

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