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Kongolesischer Politiker stirbt in HaftAufregung um ein Totengedenken

In der kongolesischen Provinzhauptstadt Goma sorgt der Tod eines bekannten Politikers für Empörung. Die Polizei konfisziert die Leiche.

Hat das Gefängnis nicht mehr lebend verlassen können: Valérien Kenda-Kenda Nchanchu. Foto: Provinzparlament Nord-Kivu

Berlin taz | Mit Fassungslosigkeit und vielen Fragen haben Tausende Menschen am Dienstag in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma einen ihrer bekanntesten Politiker zu Grabe getragen. Valérien Kenda-Kenda Nchanchu, Wahlkreisabgeordneter aus Goma im Parlament der Provinz Nord-Kivu, war am Samstag kurz vor seinem 68. Geburtstag gestorben, nachdem er fast ein halbes Jahr ohne Anklage oder Prozess in Haft gesessen hatte.

Wenige Tage zuvor hatten seine Freunde Alarm geschlagen, dass der Häftling an einer unbehandelten Leberzirrhose leide und dringend in ein Krankenhaus müsse.

Als wortgewaltiger Scharfmacher, der vorzugsweise über das Nachbarland Ruanda herzog, strahlte Kenda-Kenda mit seinen weißen Haaren und seiner Brille die Aura eines unerschrockenen, leicht fanatischen Intellektuellen aus, auch wenn die Grenze zwischen Kontroverse und Demagogie bei ihm zuweilen verschwand.

Während des Kongokrieges als ein Führer des Dachverbandes der Zivilgesellschaft von Nord-Kivu immer wieder verfolgt, war der Aktivist 2007 als Unabhängiger ins Provinzparlament von Nord-Kivu gewählt worden.

Die Polizei konfisziert den Leichnam

Anfang Juni wurde er mit rund 30 weiteren Personen verhaftet, nachdem unbekannte Bewaffnete den Flughafen von Goma angegriffen hatten. Die Täter wurden in einer Miliz der Nande-Ethnie vermutet, größte Volksgruppe der Provinz, aus der auch Kenda-Kenda stammt. Der Politiker sollte Gomas berüchtigtes Zentralgefängnis Munzenze nicht mehr verlassen.

Als sich am Samstag die Nachricht vom Tod Kenda-Kendas verbreitete, gingen empörte Jugendliche in Goma auf die Straße, um den Toten an einem öffentlichen Ort aufzubahren und zum Zentrum von Massenprotesten zu machen. Die Polizei konfiszierte kurzerhand den Leichnam, um in den Worten der staatlichen Nachrichtenagentur ACP „ein eines Volksvertreters würdiges Begräbnis unter Beteiligung seiner Familie“ – also ohne Volksauflauf – zu organisieren.

So ergab sich die kuriose Situation, dass die Provinzregierung Nord-Kivu am Dienstag eine offizielle Trauerfeier für einen Abgeordneten ausrichtete, ohne die Umstände seines Todes zu erwähnen, während diejenigen, die gegen diese Umstände protestieren, davon ferngehalten wurden.

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