Konflikte in Ruanda: Musikstar Kizito Mihigo ist tot
Einst war er Liebling der Regierung in Ruanda, ein YouTube-Video machte ihn zu einem Problem. Jetzt wurde er tot in seiner Zelle gefunden.
Mihigo war Ende vergangener Woche festgenommen worden. RIB beschuldigte ihn, illegal ins Nachbarland Burundi reisen zu wollen und dafür Grenzbeamte bestochen zu haben. Die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern sind seit Jahren zutiefst gestört. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln zwischen Soldaten entlang der Grenze, erst vor zwei Wochen gab es heftige Gefechte.
Ruandas Regierung beschuldigt das Regime in Burundi, radikale Hutu-Ideologien zu predigen und die Tutsi-Minderheit aus Burundi vertrieben zu haben. Kizito Mihigo wurde nun vorgeworfen, er wolle sich einer Hutu-Rebellengruppe in Burundi anschließen, die Angriffe auf Ruanda plane.
Bereits im April 2014, am 20. Gedenktag des Völkermords in Ruanda 1994, war Mihigo spurlos verschwunden. Erst zehn Tage später meldete die Polizei seine Verhaftung. Er habe mutmaßlich mit der Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zusammengearbeitet, um die Regierung zu stürzen.
Für Ruanda ein Schock
Die FDLR wurde im Nachbarland Kongo gegründet, unter ihren Anführern sind zahlreiche Täter und Kommandeure der ehemaligen ruandischen Hutu-Armee, die 1994 den Völkermord an über einer Million Tutsi verübt hat, und sie unterhält enge Beziehungen zur Regierung in Burundi. Ruanda vermutet, Burundi ermögliche es der FDLR, über burundisches Gebiet Ruanda anzugreifen.
Die Verhaftung Mihigos 2014 war damals für Ruanda ein Schock. Der junge Musiker und TV-Moderator, dessen Vater während des Völkermords umgekommen war, galt damals als Aushängeschild der Regierung, er setzte sich für Versöhnung und Frieden ein, komponierte Ruandas neue Nationalhymne mit und trat regelmäßig bei offiziellen Anlässen auf.
Doch nur wenige Tage vor den Gedenkfeiern zum 20. Jahrestag des Völkermords an den Tutsi hatte er einen kritischen Song auf YouTube hochgeladen. Darin beschuldigte er Ruandas heutige Armee, 1994 beim Sturz des Völkermordregimes Rachetötungen an Hutu begangen zu haben. Nach seiner Verhaftung wurde sein Song in Ruanda verboten und von YouTube gelöscht. Vom Liebling der Regierung wurde Mihigo zum Liebling der Exilopposition.
In seiner ersten Anhörung vor Gericht bekannte sich Mihigo schuldig. Knapp ein Jahr später wurde er zusammen mit anderen wegen Verschwörung zu zehn Jahren Haft verurteilt. 2018 kam er aufgrund eines Generalerlasses von Präsident Paul Kagame gemeinsam mit weiteren rund 2.000 Gefangenen frei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern