Konflikte im Tschad: Ausnahmezustand verhängt
Seit Monaten gibt es schwere Konflikte zwischen Viehzüchtern und sesshaften Bauern. Präsident Idriss Déby setzt nun die Armee ein.
Konflikte zwischen Viehzüchtern und sesshaften Bauern hat es in den vergangenen Monaten immer wieder gegeben. Als Anfang August lokalen Medienberichten zufolge jedoch die Leichen von zwei jungen Viehhirten gefunden wurden, folgten besonders schwere Ausschreitungen.
Damit spitzt sich ein Ressourcenkonflikt zu, der eine ethnische Färbung erhalten hat. Die Viehhalter sind überwiegend Zaghawa – wie auch der Präsident selbst. Auf der Suche nach Weideflächen kommt es zu Ausschreitungen mit der lokalen Bevölkerung, die überwiegend von der Landwirtschaft lebt.
Bereits im Mai kritisierte der US-amerikanische Rat für auswärtige Beziehungen (CFR), dass der Tschad – wie auch das Nachbarland Nigeria – nicht in der Lage sei, die Sicherheit in weiten Teilen der Länder zu gewährleisten. Beide Regierungen seien schwach.
Wenig zimperlich
Dieses Mal soll die Armee zum Einsatz kommen. Déby, der am Wochenende Sila besucht hatte, sagte Medienberichten zufolge: „Von nun an entsenden wir auch Soldaten, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.“
Die tschadische Armee gilt in der Region jedoch als wenig zimperlich. Im Rahmen der Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (Minusma) ist sie der zweitgrößte Truppensteller. Gegenüber europäischen Regierungschefs präsentiert Déby seine Soldaten gern als Wächter der Region und nutzt sie, um über Entwicklungsgelder aus Europa zu verhandeln.
Als „tief erschüttert“ zeigt sich deshalb die Menschenrechtsorganisation Tschadisches Abkommen zum Schutz der Menschenrechte (CTDDH). In einer Presseerklärung befürchtet Generalsekretär Mahamat Nour Ibedou, dass es zu willkürlichem Morden, Repressionen gegenüber der Zivilbevölkerung und Machtmissbrauch kommen wird.
Blockade sozialer Medien
Déby hat auch angekündigt, dass Zivilisten innerhalb von einer Woche ihre Waffen abgeben sollen. Diese seien vor allem durch die Konflikte in Libyen, dem Sudan und der Zentralafrikanischen Republik ins Land gebracht worden. Nach Einschätzung der Menschenrechtler kann die neue Anordnung dazu führen, dass Unschuldige des Waffenbesitzes beschuldigt und erpresst werden.
Im Tschad ist Präsident Idriss Déby seit 1990 an der Macht. Die nichtstaatliche Organisation Freedom House, die die Demokratieentwicklung weltweit analysiert, stuft das Land, in dem knapp 16 Millionen Menschen leben, als „nicht frei“ ein.
Parlamentswahlen haben zum letzten Mal 2011 stattgefunden und sind ab 2015 immer wieder verschoben worden. Schlagzeilen machte Déby in den vergangenen Monaten auch mit der Blockade von sozialen Medien, die im Juli nach mehr als einem Jahr schließlich wieder gelockert worden war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!