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Konflikt zwischen den USA und VenezuelaKriegsschiffe in der Karibik

Drohnenangriffe, Drohungen und ein gekaperter Öltanker – was will die US-Regierung in Bezug auf Venezuela? Und was hat die EU mit dem Drama zu tun?

Ein Bild des Öltankers, den die USA beschlagnahmt haben – auf X gepostet von US-Generalstaatsanwältin Pam Bondi Foto: U.S. Attorney General's Office/X/AP/dpa
Katharina Wojczenko

Aus Bogotá und Berlin

Katharina Wojczenko und Chiara Bachels

Kein Tag mehr ohne Nachrichten zu Venezuela. Da ist der Friedensnobelpreis, der an die venezolanische Oppositionelle María Corina Machado ging. Da ist Donald Trump, der nach US-Angriffen auf Boote vor Venezuelas Küste damit droht, dass es „sehr bald“ zum Landangriff kommen wird. Da ist ein Telefongespräch Trumps mit Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro. Da ist der venezolanische Öltanker, den die USA nach eigenen Angaben unter ihre Kontrolle gebracht haben. Und da ist eine Botschaft Trumps auf Truth Social: „an alle Fluggesellschaften, Piloten, Drogenhändler und Menschenhändler: Bitte betrachtet den Luftraum über und um Venezuela als vollständig geschlossen.“

Nach internationalem Recht kann der US-Präsident zwar keinen fremden Luftraum schließen. Doch was in den vergangenen Tagen und Wochen an der Karibikküste passiert ist, reißt schon längst den Rahmen des Rechts. Recherchen der Washington Post zufolge soll US-Kriegsminister Pete Hegseth bei einem Drohnenangriff auf ein mutmaßliches Drogenboot Anfang September den Befehl gegeben haben, alle Besatzungsmitglieder zu töten, die den Beschuss aus der Luft zuerst überlebt hatten. Ein Ausschuss des US-Senats wird die Vorwürfe jetzt prüfen, unter anderem, ob es sich dabei um Kriegsverbrechen handelt.

Doch was will die US-Regierung überhaupt in Bezug auf Venezuela?

Machthaber Nicolás Maduro und einige Ana­lys­t:in­nen sagen: Erdöl. James Bosworth vom Latin America Risk Report argumentiert hingegen: Die Geschäftsleute, die Venezuelas Öl wollen, seien auf einen Deal mit Maduro aus – nicht auf eine Invasion. Die US-Ölfirma Chevron sei zudem längst in Venezuela tätig. Bosworth geht davon aus, dass Trump tatsächlich denkt, er würde venezolanische Kartelle bekämpfen, die die USA mit Drogen überschwemmten. Die jedoch mit dem neu platzierten US-Flugzeugträger vor der Küste Venezuelas bekämpfen zu wollen, sei eine dumme Idee.

Es geht um eine Beziehung auf Augenhöhe

José Antonio Sanahuja, Professor für Internationale Beziehungen

Zumal feststeht: Fentanyl kommt aus Mexiko in die USA, nicht aus Venezuela. Kokain kommt über die Pazifikroute, nicht über die Karibik.

Südamerika ist in der Sache gespalten

José Antonio Sanahuja, Professor für Internationale Beziehungen an der Universidad Complutense in Madrid, geht nicht davon aus, dass es tatsächlich zu einem Landangriff kommen wird. Vielmehr hoffe Trump, durch Drohungen einen Regierungswechsel in Venezuela herbeizuführen. Auch wenn die US-Regierung das bislang nicht offen sagt.

Der Süden Amerikas ist in der Sache gespalten – in Länder, wie Argentinien, Ecuador, Paraguay, El Salvador und Costa Rica, die sich mit Trump gut stellen und dafür Unterstützung bekommen, auch finanzielle. Die Dominikanische Republik erlaubte den USA zeitweise sogar die Nutzung von Stützpunkten für Bootsangriffe. Dem gegenüber stehen Länder wie Mexiko, Brasilien und Kolumbien, die Trump widersprechen oder ihn gar kritisieren. Der offenste Gegner des US-Kurses ist Kolumbiens Präsident Gustavo Petro. Und das, obwohl Kolumbien über Jahrzehnte der wichtigste lateinamerikanische Partner der USA in Sachen Drogenbekämpfung war. Rund 85 Prozent der Informationen, die von den USA zur Beschlagnahmung von Drogen aus Südamerika genutzt wurden, stammten Berichten zufolge aus Kolumbien.

Doch jetzt gilt Kolumbien den USA nicht mehr als Partner. Präsident Petro sagt, das venezolanische Drogenkartell, an dessen Spitze die USA Maduro sehen, gebe es gar nicht. Er spricht von den US-Angriffen als „außergerichtlichen Hinrichtungen“. Petro, der sonst gern austeilt, hat es außerdem vermieden, Maduro einen Diktator zu nennen. Er bescheinigt Venezuela lediglich einen „Demokratiemangel“. Zwar hat Kolumbien die Wiederwahl Maduros nicht anerkannt, die diplomatischen Kanäle aber offen gehalten. Bei einer „Invasion in Venezuela“, sagt Petro, werden kolumbianische Truppen nicht mitmachen. Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises am Mittwoch hat Petro eine Übergangsregierung für Venezuela vorgeschlagen – und eine General-Amnestie.

Denn Venezuela gilt in Kolumbien als Bruderstaat. Die Länder teilen mehr als 2.000 Kilometer großteils ungesicherte Grenze. Als Venezuela boomte, emigrierten Ko­lum­bia­ne­r:in­nen in Massen hinüber. Seit geraumer Zeit ist es umgekehrt. 3 Millionen Ve­ne­zo­la­ne­r:in­nen sind wegen der Krise nach Kolumbien emigriert. Viele haben beiderseits Verwandte.

Die EU duckt sich weg

Die Grenzregion ist ein Brennpunkt – und die venezolanische Seite ein Rückzugsort für die kolumbianische ELN-Guerilla. Eine Lösung der innerkolumbianischen Konflikte, wie Petro sie will, ist ohne Unterstützung aus Venezuela schwierig.

Auch ein Fischer aus Kolumbien ist wohl bei einem US-Angriff ums Leben gekommen. Beweise, dass die getroffenen Boote Drogen an Bord hatten, fehlen. Insgesamt haben die Machtdemonstrationen der USA in der Karibik und im Pazifik schon 87 Menschenleben gekostet. Die internationale Gemeinschaft beobachtet das – scheitert aber weitgehend daran, der USA Paroli zu bieten.

wochentaz

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Anfang November etwa traf sich die EU mit der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten zu einem Gipfel in Kolumbien. Doch mehr als zwei Dutzend hochrangiger Po­li­ti­ke­r:in­nen beider Seiten sagten ihre Teilnahme ab, unter ihnen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Das Signal: in der Causa Karibik wollen sie sich nicht mit Trump anlegen.

Denn noch immer lasten US-Zölle auf EU-Exporten. Und die US-Drohung, aus der Nato auszutreten, schwebt im Raum. Hinzu kommt die digitale Abhängigkeit Europas von US-Plattformbetreibern. In der Abschlusserklärung des Gipfels in Kolumbien fehlen klare Worte zu den Angriffen, die ganz in der Nähe stattfanden.

Neue Beziehungen zu Lateinamerika

Lediglich beim G7-Treffen der Au­ßen­mi­nis­te­r:in­nen in Kanada Mitte November warf der französische Außenminister der USA einen Völkerrechtsverstoß vor. Das Land unterbrach, wie die Niederlande und Großbritannien, den Austausch von Geheimdienstinformationen mit der USA. Alle drei Staaten sind für den Schutz ihrer eigenen Überseegebiete in der Karibik verantwortlich. US-Außenminister Marco Rubio antwortete auf die Kritik: „Die Europäische Union bestimmt nicht, was internationales Recht ist.“

Trotz der US-Drohungen sollte die EU Verantwortung übernehmen und das Völkerrecht in der Karibik stärker verteidigen, sagt Politologe Sanahuja. Zumal die bisherigen transatlantischen Beziehungen ohnehin zu Ende seien. Die USA isolierten sich. Die EU müsse auf Partnersuche gehen – etwa in Lateinamerika.

Dazu dürfe die EU nicht, wie bisher, hauptsächlich an den Ressourcen Südamerikas zehren – sondern müsse langfristig investieren: „Es geht um eine Beziehung auf Augenhöhe.“

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4 Kommentare

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  • Endlich könnte sich die linke Szene wieder ihrem Lieblingsthema zuwenden, dem Klassiker schlechthin: der imperialistischen Großmachtpolitik der USA. Denn es geht im Fall Venezuela um den Ausbau der eigenen Machtstellung im sog. Vorhof der USA, die Zurückdrängung des chinesischen Einflusses und nat. auch um Öl. Dass Maduro auch noch - zumindest auf dem Papier - ein Marxist ist, passt top ins Bild: also alles in allem klassischer linker Imperialismus-Duktus. Außerdem lenkt es von Russland ab, für das in linken Kreisen immer noch romantische Gefühle geteilt werden, Putin hin oder her.

    Vermutlich wird das Ganze nur durch die sehr wahrscheinliche Annahme getrübt, dass Trump tatsächlich keinem (geheimen) Plan folgt, weil er nämlich keinen hat, weil er einfach nur ein ziemlich dämlicher Clown ist, der offensichtlich von wechselnden Impulsen und Gefühlen geleitet wird. Sein gesamtes Auftreten wirkt wirr, erratisch und reichlich unterkomplex. Irgendwie ist er damit kein richtiger Gegner, wie damals L.B. Johnson, Nixon, Reagan oder Bush. Jedenfalls gibt es aus der linken Ecke einfach viel zu wenig Widerstand gegen das Vorgehen der USA. Da muss endlich mehr kommen!

  • Was Guayana wohl darüber denkt?



    Schließlich beansprucht Venezuela zwei Drittel des Staatsgebiet von Guayana.



    Bisher wurde Guayana in keinem Artikel über diesen Konflikt erwähnt, zumindest ist es mir nicht aufgefallen und ich habe immer darauf geachtet.



    Auch in diesem Artikel, wo die Meinung von ganz vielen südamerikanischen Ländern zu diesem Konflikt aufgezählt werden, wird der direkte Nachbar Guayana ignoriert.



    Warum?

  • So kompliziert ist das alles nicht. Es geht natürlich nicht um Drogen und wahrscheinlich nicht mal wirklich um Öl.



    Trump will einfach im "Hinterhof" der USA aufräumen, der den USA in den letzten Jahrzehnten etwas entglitten ist, während sie sich um entferntere Gegend "gekümmert" haben.

    Venezuela biete sich an. Maduro ist, freundlich ausgedrückt, kein Sympathieträger und hat wenige Freunde in der Welt. Dazu kommt, dass man eine Preisträgerin zur Hand hat, die Trumps Politik super findet, zur Invasion aufruft und die Geschäfte in Caracas künftig übernehmen und im US Sinn führen könnte. Ideale Bedingungen für einen Neustart der alten Hegemonialpolitik, wie sie seit dem 19. Jahrhundert betrieben wurde.

    "Europa" hat in einem solchen Konzept natürlich keinen Platz. Es hat danach in Lateinamerika nichts verloren.

  • Ist ja wunderbar. Natürlich wäre Putin sauer wenn die USA das Öl Venezuelas einfach an sich reißt im Namen des Kampfes gegen den Drogenterrorismus.

    Aber wenn Trump dem Putin im Gegenzug einen Deal verspricht, solange Wahlen in der Ukraine abzuhalten, bis ein russlandfreundlicher Stiefellecker im Amt ist, wird es allen recht sein.

    Europa? Unwichtig.