Konflikt zwischen Israel und Hamas: Hoffnung nach dem Rückschlag
In Israel pocht US-Außenminister Blinken weiter auf einen Deal mit der Hamas. Außerdem warnt er davor, die Palästinenser zu „entmenschlichen“.
Am Mittwochabend hatte Netanjahu verkündet, er habe die Armee angewiesen, sich auf einen Einsatz in Rafah vorzubereiten. UN-Generalsekretär António Guterres warnte daraufhin, eine solche Aktion würde „exponentiell verstärken, was bereits ein humanitärer Albtraum mit ungeahnten regionalen Folgen ist“. Rund um Rafah drängt sich ein großer Teil der gut 2 Millionen Bewohner des Gazastreifens unter katastrophalen Bedingungen zusammen. In der Nacht auf Donnerstag wurden aus der Stadt israelische Luftangriffe gemeldet. Dabei wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde 14 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Trotz der Absage Netanjahus gab sich Blinken vor einem Treffen mit Mitgliedern des Kriegskabinetts in Tel Aviv optimistisch: „Wir sehen Raum, um die Verhandlungen fortzusetzen (…) und glauben, dass wir ihn nutzen sollten.“ Auch der Journalist Jonathan Lis kommentierte in der Zeitung Haaretz: „Netanjahu hat die Türe nicht zugeschlagen.“ Am Donnerstag wurde Hamas-Chef Ismail Hanija zu Gesprächen mit ägyptischen Vermittlern in Kairo erwartet.
Die Terrorgruppe hatte am Dienstag einen mehrstufigen Vorschlag vorgelegt. Er beinhaltete insgesamt 135 Tage Waffenruhe, mehr Hilfsgüter, die Freilassung aller Geiseln im Tausch gegen palästinensische Gefangene sowie letztlich ein Ende des Kriegs und einen Abzug der israelischen Soldaten aus Gaza.
Netanjahu lehnte die Forderungen rundheraus ab. Die Bedingungen zu akzeptieren käme einer „Katastrophe“ gleich. Nur militärischer Druck könne zur Befreiung der Geiseln führen und nur ein Sieg über die Hamas könne Sicherheit bringen. Dieser sei eine „Frage von Monaten“.
Spaltung der Gesellschaft
Während sich einige rechte Gruppen in Israel zunehmend lautstark für ein noch härteres Vorgehen einsetzen, fordern viele Angehörige der Entführten immer deutlicher Verhandlungen. Direkt nach Netanjahus Ansprache warnten mehrere ehemalige Geiseln, die im November während einer Feuerpause freigekommen waren: Der Preis dafür, die Entführten aufzugeben, werde Israel auf Generationen beschädigen. „Wenn Sie Ihr Ziel der Zerstörung der Hamas weiterverfolgen, werden keine Geiseln mehr übrig sein, die noch gerettet werden können“, sagte die 72-jährige Adina Mosche.
Auch im Kriegskabinett zeigen sich Risse: Ex-Armeechef Gadi Eisenkot erhebt dem Sender Kan zufolge deutliche Vorwürfe gegen Netanjahu. „Er stimmt sich nicht ab und trifft keine Entscheidungen über drängende Fragen“, sagte er am Mittwoch. Das ermögliche es der Hamas, an Hilfsgüter zu gelangen und sich in Nordgaza wieder aufzubauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles