Konflikt um Wilmersdorfer „Thaiwiese“: Der Papayasalat soll jetzt weg

Seit Jahren schwelen die Konflikte um den Thaimarkt im Preußenpark. Dank der neue schwarz-grünen Zählgemeinschaft soll der Streetfoodmarkt umziehen.

Zwei Personen stehen vor einem Stand mit Thai-Essen

Nach bezirklichen Auflagen gibt's das Essen auf der Thaiwiese an richtigen Marktständen Foto: Imago / Jürgen Held

BERLIN taz | Der Thaimarkt im Wilmersdorfer Preußenpark soll verschwinden. So steht es im Entwurf der Zählgemeinschafts-Vereinbarung zwischen CDU und Grünen, der der taz vorliegt. Der Preußenpark soll „als Park wiederhergestellt“ werden.

Als die Händler und Besucher des beliebten Streetfoodmarktes in Wilmersdorf am Sonntag davon erfahren, herrscht blankes Entsetzen. „Da stören sich irgendwelche Bürokraten an uns“, findet ein älteres deutsch-thailändisches Ehepaar, das sich gerade Hühnerspieße schmecken lässt. An den Ständen liegen Listen aus, wo Besucher und Händler gegen das Vorhaben unterschreiben können. Dazu müssen sie Schlange stehen.

Parichat Pai vom Thailändischen Verein, dem Betreiber des Marktes, schätzt, dass allein in der ersten Stunde 200 Unterschriften zusammengekommen sind. „Gemeinsam mit der bezirklichen SPD wollen wir eine Onlinepetition starten“, sagt sie der taz. Geplant seien auch Videos, um die Marktbesucher zu Wort kommen zu lassen. Wenn am kommenden Wochenende mit einer Feier mit Tanz, Kinderliedern und Kochshow die neue Saison offiziell eröffnet wird, soll beides präsentiert werden.

Lisa Jörke von den Grünen Charlottenburg-Wilmersdorf bestätigt gegenüber der taz die Pläne eines Umzugs des Thaimarktes. „Ziel muss es sein, die Street-Food-Atmosphäre am neuen Standort in der Nähe des Preußenparks zu erhalten, aber auch die Erholungsfunktion des Parks wiederherzustellen und ihn gleichzeitig als Ort interkultureller Begegnungen zu erhalten.“

Schwelender Konflikt

Seit Jahren schwelt ein Konflikt zwischen den Anwohnern, die im Park Ruhe und Entspannung suchen, und den fernöstlichen Communitys aus ganz Berlin und Nordostdeutschland, die sich hier an den Sommerwochenenden treffen. Verkehrsprobleme, Lärm und Müll sind die Konfliktpunkte. Grob gesagt: Viele Anwohner wollen eine der wenigen grünen Oasen im Kiez nicht mit Menschen aus aller Welt teilen, die eigens aus Hamburg oder Rostock anreisen, um sich bei Papayasalat, Teigtaschen und Suppen zu treffen.

Der Bezirk arbeitet seit Jahren an einem Kompromiss. Dabei war es in Charlottenburg-Wilmersdorf bisher parteiübergreifender Konsens, die Attraktion Thaiwiese, die sogar in Reiseführern steht, zu erhalten, aber verträglicher zu gestalten. Es gab ein Beteiligungsverfahren mit einem studentischen Wettbewerb. Seit 2022 wurde das ursprünglich wilde Markttreiben in gesetzliche Bahnen gelenkt, die Zahl der Marktstände auf 60 begrenzt, an den Parkrand verbannt und auf Freitag bis Sonntag begrenzt. Die Markthändler brauchen jetzt einen Gewerbeschein und müssen sich um die Müllabfuhr kümmern.

In der Parkmitte, die wieder von einer Sandwüste zur Grünfläche geworden ist, lagern aber weiterhin BerlinerInnen aus Thailand, Laos, China, Taiwan, Vietnam, Kambodscha, den Philippinen sowie Deutsche, die ihren Urlaub in Fernost nacherleben wollen. Für sie erfüllt der „Thaipark“ eine wichtige soziale Funktion.

„Gehört zu Berlin“

Widerstand gegen die schwarz-grünen Pläne kommt von der SPD. Die Bezirksverordnete Claudia Buß, die anders als Verordnete der Mehrheitsfraktionen CDU und Grüne für die taz am Sonntag erreichbar war, sagt: „Der Thaimarkt gehört zu Berlin. Er ist genau das, was den interkulturellen und sozialen Zusammenhalt der Stadt ausmacht.“ Ihre Fraktion will den Thailändischen Verein dabei unterstützen, auch kulturelle Angebote zu machen, die eine Verbindung zwischen den fernöstllchen Communitys und der Mehrheitsgesellschaft schaffen können.

Umweltstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hatte dagegen dem Tagesspiegel gesagt, das Umweltamt sei glücklich darüber, dass dem Grünflächengesetz wieder entsprochen werde. Sein Amt prüfe bereits einen Ersatzstandort. Wo der sein soll, verriet Schruoffeneger nicht.

In der Tat verlief die Kommunikation zwischen dem Marktbetreiber und dem Umweltamt in letzter Zeit alles andere als geschmeidig. Das zeigte sich in einem Konflikt vom letzten Sommer um die Frage „Einweg oder Mehrweg“: Inzwischen nutzen die HändlerInnen Mehrweggeschirr. Da es kein Wasser gibt, nehmen sie das schmutzige Geschirr mit nach Hause.

„Der Bezirk hat uns verpflichtet, für Wasser- und Elektroanschlüsse zu sorgen“, sagt Parichat Pai vom Thailändischen Verein. „Wir wollen dazu einen bezirklichen Pavillon im Park nutzen. Auf unsere Frage, ob das möglich ist, bekommen wir aber seit Februar keine Antwort.“ Ohne die könne der Verein aber kein Konzept erarbeiten, sagt die Marktbetreiberin.

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