Konflikt um Taiwan: Neuer Besuch, neues Manöver

China reagiert auf den Besuch einer weiteren US-Delegation wie auf den letzten: Es hat erneut ein Militärmanöver angekündigt.

Eine Gruppenfoto

Taiwans Außenminister Joseph Wu begrüßt eine neue US-Delegation am 15. August in Taipeh Foto: Taiwan Ministry of Foreign Affairs/reuters

XIAMEN taz | Derzeit erscheint das Kräftemessen rund um Taiwan wie ein einstudiertes Ritual, das sich keine zwei Wochen nach dem umstrittenen Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi wiederholt: Nachdem mit Senator Ed Markey eine weitere US-Delegation in Taipeh eingetroffen ist, hat China erneut Manöver angekündigt.

Das Militär werde sich „für einen Krieg vorbereiten“ und ausländische Einmischungsversuche niederschlagen, sagte Sprecher Wu Qian am Montag.

Es bleibt zumindest zu hoffen, dass das Säbelrassen der Streitkräfte nicht so drastisch ausfällt wie zu Monatsbeginn, als Chinas Truppen elf ballistische Raketen abfeuerten und eine Invasion der Insel simulierten. Dabei kamen Chinas Streitkräfte der Küste Taiwans bis auf wenige Kilometer nahe.

Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass sich die derzeitige Taiwan-Krise wohl über Monate, möglicherweise Jahre hinziehen wird. Dass es zurzeit zu einem offenen militärischen Gefecht kommt, gilt zwar als unwahrscheinlich – aber ein zähes Kräfteringen in Form regelmäßiger Manöver und eine Verschärfung der psychologischen Kriegsführung scheinen vorprogrammiert. Auch ist davon auszugehen, dass westliche Staaten – inklusive der EU – aus Solidarität ebenfalls in höherer Frequenz Politiker nach Taiwan entsenden werden.

US-Gast mit historischen Verdiensten aus Sicht Taiwans

Der US-Gast, der am Montag auch von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen höchstpersönlich empfangen wurde, ist aus Sicht Taipehs nicht irgendein US-Abgeordneter, sondern ein Mann mit hohen Verdiensten. Ed Markey, Senator von Massachusetts, ist der einzige noch aktive Politiker, der bereits am Taiwan Relations Act von 1979 beteiligt war.

Dieses Gesetz ermöglichte es Washington, trotz des Drucks aus Peking im Sinne der Ein-China-Politik quasidiplomatische Beziehungen zu Taiwan weiterzuführen – durch die Eröffnung eines Kulturinstituts, das als De-facto-Botschaft dient. Zudem wurde in dem Gesetz festgelegt, dass die Inselbevölkerung ihre Zukunft selbstbestimmt entscheiden soll – und jede Gegenmaßnahme auch für die USA als Bedrohung gilt.

Aus der Ferne betrachtet mag es zuweilen unverständlich erscheinen, warum die zwei Weltmächte der vergleichsweise kleinen Insel von 23 Millionen Einwohnern eine so große Bedeutung beimessen. Nach außen hin geht es den USA um den Schutz der Demokratie, China hingegen führt bei seinem Machtanspruch historische Gründe auf.

Beides mag genuin sein, doch greift es zu kurz. Um die wahre Bedeutung dieses Konflikts zu verstehen, muss man dessen wirtschaftliche wie militärische Dimension einbeziehen. Die Taiwan-Straße ist eine der wichtigsten Seerouten der Welt, die nicht ohne Weiteres zu umschiffen ist. Denn die Alternativroute durch die Straße von Luzon nördlich der Philippinen gilt wegen der Gefahr von Zyklonen als überaus instabil.

Taiwans strategisch wichtige Lage

Militärisch wäre die Kontrolle Taiwans und der umliegenden Gewässer ein Durchbruch für China, um das Machtverhältnis in der gesamten Region zu kippen. Denn derzeit kann China seine U-Boot-Flotte aufgrund der zu seichten Gewässer nicht einfach unbemerkt an der japanischen Inselkette vorbei gen Pazifik schicken. Dies wäre jedoch mit einer Marinebasis in Taiwan möglich.

Als Schutz gegen eine chinesische Invasion dient Taipeh nicht nur eine hochmoderne Armee, sondern auch die weltweit führende Halbleiterindustrie. Allein das Unternehmen TSMC sorgt mit einem globalen Marktanteil von über 50 Prozent dafür, dass China seine wirtschaftlichen Muskeln gegen die Insel bislang noch kaum hat spielen lassen. Denn letztlich könnte Taiwan seinem großen Nachbarn fast ebenso ökonomisch schaden wie umgekehrt.

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