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Konflikt um KatalonienDruck aus dem eigenen Lager

Die katalanischen Bündnispartner des Regierungschefs Puigdemont fordern die Erklärung der Unabhängigkeit. Spaniens Regierung wartet auf Montag.

Nordirland begrüßt Katalonien schon symbolisch, Wandbild in Belfast Foto: dpa

Madrid taz | Kataloniens Regierungschefs Carles Puigdemont kommt immer stärker unter Druck aus den eigenen Reihen. In einem Brief verlangt die antikapitalistische CUP am Freitag, dass Puigdemont die Republik sofort ausrufen soll. Alles andere „käme einer Anerkennung jeder einzelnen Drohung“ des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy gleich, heißt es in dem Schreiben der Partei, die Puigdemonts Minderheitsregierung unterstützt.

Puigdemont muss am Montag gegenüber der Regierung in Madrid erklären, ob seine Rede vom vergangenen Dienstag nun als Unabhängigkeitserklärung zu verstehen sei. Puigdemont hatte von der Republik Katalonien gesprochen, um wenige Sekunden später deren Erklärung auszusetzen, um so einen Dialog zu ermöglichen.

Eine andere Antwort als die sofortige Unabhängigkeit kommt für die CUP der Rückkehr unter „die Legalität der spanischen Verfassung“ gleich, „mit der die soziale Mehrheit gebrochen hat“. Sollte Rajoy tatsächlich, wie angedroht, den Artikel 155 der Verfassung anwenden und alle Autonomiebefugnisse aussetzen und Katalonien direkt von Madrid aus verwalten lassen, „sollen sie das mit der bereits ausgerufenen Republik machen“, erklärt die CUP ihre Haltung. Sie hofft auf interna­tio­nale Anerkennung der neuen Republik.

Das dürfte allerdings nicht so leicht sein. EU-Kommisionspräsident Jean-Claude Juncker sprach sich erneut gegen ein unabhängiges Katalonien aus. Er fürchtet, dass dann auch andere Regionen folgen. „Ich will keine EU mit 98 Staaten“, sagte er. Die europäischen Staaten folgen ihm dabei.

Die CUP ist nicht allein. Auch die Bürgerinitiative Katalanische Nationalversammlung (ANC), die zusammen mit Òmnium das Rückgrat der Unabhängigkeitsbewegung bildet, fordert die sofortige Ausrufung der Republik. In einem Brief an die Mitglieder spricht der ANC-Vorsitzende Jordi Sánchez von „möglichen weiteren Mobilisierungen „ und „erneuten Streiks“.

„Das Risiko der Freiheit“

Sánchez ist zusammen mit dem Òmnium-Vorsitzenden Jordi Cuixart und dem Chef der katalanischen Polizei Mossos d'Esquadra, Josep Lluis Trapero, am Montag erneut vor den obersten Strafgerichtshof Spa­niens geladen. Ihnen wird „Aufstand“ vorgeworfen. Das kann mit bis zu 15 Jahren Gefängnis enden.

Jean-Claude Juncker will keine Europäische Union mit 98 Staaten

Selbst in Puigdemonts Wahlbündnis „Gemeinsam für das Ja“ rumort es. Vizepräsident Oriol Junqueras schreibt auf Twitter, es sei „Zeit, das Risiko der Freiheit einzugehen“.

Auf der anderen Seite rufen Politiker aus Rajoys Partido Popular und der sozialistischen PSOE Puigdemont zur „Rückkehr zur Legalität“. „Ich habe noch immer die Hoffnung, dass Puigdemont die offene Tür zum Dialog sieht“, erklärte ebenfalls am Freitag der Vertreter der Madrider Zentralregierung in Katalonien, Enric Millo.

Ihm unterstehen die spanischen Polizeieinheiten, die in Katalonien stationiert sind. Bei deren Einsätzen am Tag des verbotenen Referendums wurden knapp 900 Menschen verletzt. Mittlerweile fordern sowohl das UN-Menschenrechtskommissariat als auch Human Rights Watch eine unabhängige Untersuchung.

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10 Kommentare

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  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Vielleicht sollte man sich nun wichtigeren Dingen zuwenden, zB. echten Problemen, statt der Agonie der Chauvinisten zuzuschauen, so lustig deren Selbstzerfleischung auch ist ...

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @60440 (Profil gelöscht):

      Dann machen Sie es doch, anstatt Ihren Senf zu Angelegenheiten dazu zu geben, die Sie angeblich nicht interessieren. Zur Katalonienaffäre sind Sie doch unter denjenigen, die die meisten Kommentare geschrieben haben. Also alles nur Wichtigtuerei aus Zeitvertreib, weil Ihnen die Decke auf den Kopf fällt?

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Hier einige Reaktion auf den Artikel bon Antonio Munoz Molina. Inzwischen der meistkommentierte Artikel in den spanischen Medien.

     

    http://www.publico.es/tremending/2017/10/14/es-espana-francoland-las-reacciones-en-twitter-a-un-articulo-de-antonio-munoz-molina/

  • 4G
    41023 (Profil gelöscht)
    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @41023 (Profil gelöscht):

      Habe gerade bevor ich ins Forum gegangen bin den Artikel gelesen und mit dem Gedanken gespielt ihn den Forumsteilnehmern zur Kenntnis zu bringen. Vielen Dank, dass Sie es bereits getan haben. Diesen Artikel müssen alle hier die Spanisch verstehen unbedingt lesen.

  • "Sie hofft auf internationale Anerkennung der neuen Republik. Das dürfte allerdings nicht so leicht sein. "

     

    Der Satz ist naiv. Kein Staat aus der Europäischen Union wird Katalonien anerkennen. Warum auch? Die EU-Staaten hätten nur Nachteile davon. Warum sollten die sich das also antun?

    Und Aufnahmeprozesse in die EU dauern Jahre bis Jahrzehnte und können erst abgeschlossen werden, wenn alle (!) bisherigen Mitglieder einverstanden sind.

  • Die Diktatur der Linken...das Ich das noch erlebe...Und ich dachte 1936 würde niemals zurück kommen. Ich hoffe das dadurch kein Neuer Franco kommt.

    Wird die Li ksradikale Cup und ERC diesmal wieder als Opfer in der Geschichte sein? Andere Namen..selbe maschen...

    Echt Traurug und repräsentieren gerade mal 37% der Katalanen. Hitler hatte aber damals auch nur 26%.

    Schsuen wir mal wie es weiter geht

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Tino Trivino:

      Woher nehmen Sie bloss Ihre Zahlen,?Hitler hatte bei den Novemberwahlen 1932 33%. Genau wie Ihre falsche Behauptung an anderer Stelle, dass Rajoy 14 Millionen Wählerstimmen bekommen hätte, er hatte aber nur 7,9 Millionen 2016 bekommen, das kann man überall nachlesen. Wie soll man jemanden glauben, der so viele nachweisliche Lügen und Halbwahrheiten verbreitet wie Sie? Und wer hat 1936 gegen die ordnungsgemäss gewählte Regierung geputscht? Doch etwa nicht Buenaventura Durruti, das war der Generalissimo Fransico Franco, den ja noch sehr viele, zu viele Spanier als Retter Spaniens verehren. Und sie beleidigen alle Republikaner, die von den Faschisten gefoltert und ermordet wurden.

  • Ich kann viel erklären! Aber das ist irrelevant. Zitat: Warum die Demokratie die beste Staatsform ist: Wenn die Besten der Bürger gewählt werden. Die Liste der Kandidaten vom 24. September 2017 lassen daran zweifeln? Als Mitglied im Deutschen Bundestag gibt es Diäten. (ein bedingungsloses Grundeinkommen mit Büro und Spesen):

    Die Abgeordneten erhalten für ihr Mandat eine finanzielle Entschädigung. Die so genannten Diäten sollen Verdienstausfälle ausgleichen, die den Abgeordneten durch die Ausübung ihres Mandats entstehen, und ihre Unabhängigkeit garantieren.

    Ihre Höhe wird auf Grundlage einer Empfehlung des Bundestagspräsidenten vom Bundestag beschlossen. Sie orientiert sich unter anderem an der Höhe der Bezüge der einfachen Richter bei einem Obersten Gerichtshof des Bundes.

    Die Abgeordnetenentschädigung beträgt seit dem 1. Juli 2017 monatlich 9.541,74 Euro.

    Bei Aristoteles aber heisst es: „Denn in den Demokratien, wo es nach dem Gesetze zugeht, ist kein Aufkommen für die Demagogen, weil daselbst die Besten aus den Bürgern die Stimmführer sind.“ (Aristoteles Politik, 4. Buch. 4. Kapitel 1292a7)

    Bei uns habe ich berechtigte Zweifel an dieser Qualifikation?

    Und ohne Beschluss gibt es keine Entscheidung!

    Solange das katalanische Parlament darüber noch nicht abgestimmt hat, gibt es keinen demokratisch legitimierten Beschluss. Egal wozu!

    Als Einzelner kann ich meine Meinung äussern - na und?

  • ... und wenn am Montag die katalonische Regierung nicht Klartext gesprochen hat, dann macht die spanische Regierung ernst, genug ist genug. Dann werden die Katalonen hochkant rausgeschmissen aus dem spanischen Staat.

     

    Alles weitere hat bereits das Nachrichtenmagazin Der Postillon berichtet...