piwik no script img

Konflikt in der UkraineRechter Sektor im Hinterhalt

Bei Gefechten in der Ostukraine sterben fünf Zivilisten und 12 Kämpfer des Rechten Sektors. Am Mittwoch wird ein Konvoi aus Russland an der Grenze erwartet.

Der russische Konvoi auf seinem Weg zur ukrainischen Grenze. Bild: ap

DONEZK/MOSKAU dpa/afp | Bei schweren Gefechten ukrainischer Regierungstruppen mit prorussischen Separatisten sind in der Konfliktregion Donbass Behörden zufolge erneut mindestens fünf Zivilisten getötet worden. Die ganze Nacht seien Explosionen zu hören gewesen, teilte der Stadtrat in Donezk am Mittwoch mit. Damit sei die Zahl der Toten seit Wochenbeginn auf etwa 60 gestiegen, sagte ein Sprecher der Aufständischen der Agentur Interfax.

Die militante Bewegung Rechter Sektor teilte zudem in Kiew mit, dass zwölf ihrer Anhänger bei Kämpfen im Krisengebiet getötet worden seien. Die Männer seien in einem Bus in einen Hinterhalt geraten, sagte Parteisprecher Artjom Skoropadski dem Fernsehsender 112.ua. Die rechtsextreme Gruppierung hatte sich nach dem Sturz von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch in eine Partei umgewandelt. Kampfwillige Mitglieder schlossen sich der Nationalgarde an.

Ungeachtet von Vorbehalten aus Kiew und dem Westen ist ein russischer Konvoi mit 262 Lastwagen am Mittwoch weiter Richtung Ukraine gerollt. „Der Konvoi hat seinen Weg fortgesetzt“, sagte ein Sprecher des russischen Notfallministeriums am Morgen. Nach Fernsehberichten müssen die Lastwagen, die laut russischen Angaben mit Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung in der umkämpften Ostukraine beladen sind, bis zur Grenze 500 Kilometer zurücklegen. Sie würden am Abend am Kontrollpunkt Schebekino-Pletnewka erwartet, hieß es in den Berichten.

Der Grenzposten liegt zwischen der südrussischen Region Belgorod und dem nordostukrainischen Charkiw, das von Regierungstruppen kontrolliert wird. „Der Weg ist weit, es ist ein bisschen hart, aber wie könnten wir unseren slawischen Brüdern nicht zu Hilfe kommen“, sagte einer der Lastwagenfahrer dem staatlichen Sender Rossija. In der russischen Presse wurde der Start des Konvois am Mittwoch enthusiastisch begleitet. „Drei Kilometer Hilfe“, titelte die amtliche Zeitung Rossijskaja Gaseta.

Fehlende Sicherheitsgarantien

Kiew und der Westen befürchten, dass der Konvoi ein Vorwand Moskaus zur Unterstützung der prorussischen Separatisten in der Ostukraine sein könnte. Frankreichs Präsident François Hollande warnte den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Dienstag erneut vor einseitigen Hilfslieferungen ohne die Zustimmung Kiews. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte alle Beteiligten auf, „transparent“ vorzugehen.

Die Ukraine hatte am Dienstag ausgeschlossen, die russischen Lkw ins Land zu lassen, und die Verladung auf andere Lastwagen unter Aufsicht des Roten Kreuzes gefordert. Zwar hat sich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) tatsächlich angeboten, die Hilfsgüter zu den Menschen in die umkämpften Gebiete zu bringen. Doch nach Angaben des IKRK hat Russland bislang keine Angaben zu Art und Umfang der Hilfslieferungen gemacht. Zudem fehlten die Sicherheitsgarantien der Konfliktparteien, um eine Verteilung von Hilfsgütern zu ermöglichen, sagte eine Sprecherin der Organisation in Genf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Noch mal zumThema Hilfslieferungen der Russen. Auf den Lastwagen sollen sich 69 kleine Kraftwerke (Notstromaggregate?), 400 t verschiedener Grützesorten, 340 t Fleischkonserven, 30 t Salz, 100 t Zucker, 60 t Milchkonserven, 0,8 t Tee, 679,5 t Wasser in Flaschen, 62,4 t Kindernahrung, 54 t medinische Versorgungsgüter und 12300 Schlafsäcke befinden. Insgesamt sind 262 Fahrzeuge unterwegs, davon 189 LKW mit Anhängern, auf denen sich Zubehör (z.B. Kraftstoff?) für die Kraftwerke in einer Gesamtmasse von 1809,9 t befindet.

     

    Diese ganze Aktion hat sicherlich eine starke Signalwirkung, und die ablehnende Haltung des Westens und Kiews wird bei vielen nicht gut ankommen, schon gar nicht bei den Menschen, die dringend auf Hilfe warten.

    Einen Effekt gab es dennoch schon: Herr Jazenjuk verkündete heute nicht nur, daß Kiew humanitäre Hilfe lediglich vom IKRK entgegennimmt, und nur im Rahmen des internationalen Rechts (Hä?), sondern er verkündete auch, das Kabinet habe 10 Millionen Griwna freigegeben für den Einkauf von Waren des dringenden Bedarfs für die Notleidenden in der Ostukraine. Dazu kämen noch 6 Mill. Dollar aus einem internationalen Hilfsfond. Jazenjuk wies auch verschiedene Ministerien an, die Voraussetzungen für den transport zu schaffen. Na bitte, es geht doch! Kiew scheint erwacht zu sein, denn offensichtlich will man sich keine Blöße geben. Aber egal, Hauptsache den Menschen wird geholfen, wenn denn die Hilfe tatsächlich mal auf den Weg gebracht sein wird und bei den Menschen ankommt.

    • @Der_Peter:

      Da kann man doch sehr gespannt sein , ob , was und wann sie nennenswerte Hilfsleistungen zu ihren lieben Brüdern und Schwestern nach Donezk und Lugansk schaffen werden . Mußten die (west-)ukrainischen Patrioten doch schon ihre "Armee" mit Care-Paketen aus freiwilligen Spenden unterstützen .

      Poroschenko wird dann mit seinen Schlagedraufs klar regeln : während der Verteilung der Güter haben sie tagsüber Pause , nachts dann wieder volles Rohr mit Artillerie , Raketen und Kampfflugzeugen .

      ... ein Amok laufendes Land - und keine Klapse , die es aufnehmen könnte .

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Das trojanische Pferd nähert sich der ukrainischen Grenze- so die Befürchtungen der westlichen Vertreter.

     

    Ungeachtet dessen steigt die Zahl der getöteten Zivilisten auf 2086.

     

    Und was unternimmt der Westen?

     

    Er diskreditiert ununterbrochen die humanitären Hilflslieferungen.

     

    Befürchtet man in Kiew Sympathiepunkte für Russland?

    • @9076 (Profil gelöscht):

      Ja klar befürchtet man Sympathiepunkte für Rußland. Daß in den LKW Waffen oder gar Soldaten versteckt sein könnten, glauben die ja selber nicht... ;-)

  • Das ist doch auch schön, passt zum Thema Pressefreiheit und wird von der Taz ebenfalls nicht berichtet:

     

    http://orf.at/stories/2241590/

     

    Aber stimmt schon, 12 Faschisten weniger ist auch kein Schaden. Doch in Kiew richten sie sich drauf ein, das Land mit faschistischer Unterstützung in eine Diktatur zu verwandeln. Da frage ich mich schon: und wo ist dann der Unterschied zu Janukowitsch. Aber das wirkliche Problem ist der Russe, der ist natürlich abgrundtief böse und russische Hilfslieferungen sind natürlich was ganz anderes als Brötchen von der Nuland Schlampe.

    • @Jochen Rohwer:

      Zum Thema berichten: Vor einiger Zeit erschien in der taz ein Artikel, in dem Frau Oertel beklagte, wie schlecht es jetzt kritischen Journalisten auf der Krim ginge. Ich erinnere mich nicht, etwas von ihr gelesen zu haben, wenn ukrainische Truppen oder die Nationalgarde russische Journalisten verhaftete oder russische Journalisten in der Ostukraine durch ukrainischen Beschuß zu Schaden oder sogar zu Tode kamen. Momentan wird seit über einer Woche der russische Photograph Andrej Stenin durch ukrainische Sicherheitskräfte festgehalten, und kein Wort darüber hier. Dabei haben sogar die International und die European Federation of Journalists seine Freilassung gefordert, und auch die US-amerikanische Organisation Committee to Protect Journalists:

      http://www.ifj.org/nc/news-single-view/backpid/1/article/ifj-efj-concerned-for-safety-of-russian-journalist-missing-in-ukraine/

      http://www.cpj.org/2014/08/ukraine-must-clarify-status-of-russian-journalist.php

      • @Der_Peter:

        Achja den Casus Andrej Stenin hatte ich beim Schreiben vergessen. Besonders übel ist dabei, dass die Junta behauptet er sei gar nicht verhaftet worden. Das ist die Masche faschistischer Diktaturen, wie man sie kennt. Von der Taz auch hierzu kein Wort, wo man es doch sonst so wichtig mit der Pressefreiheit hat, besonders wenn es um den bösen Russen geht. Schön wäre auch mal ein Bericht übers ukrainische Fernsehen gewesen, wo ungeniert über die Untermenschen im Osten raisonniert wird. Nachdem die Chefredakteurin Aischylos zitiert, mag es mir mal wieder gestattet sein Tucholsky zu zitieren: Ick kann gar nicht soviel fressen, wie ick kotzen könnt'.

  • Wie wäre es mit einem TAZ-Kommentar zu diesem Thema mit der Überschrift - Putin darf keine Terroristen-Babys füttern! ???