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Konflikt in der UkraineSeparatisten ziehen Waffen ab

Der ukrainische Präsident bestätigt die Abrüstung auf beiden Seiten. US-Präsident Obama und EU-Ratspräsident Tusk betonen, wie wichtig das Minsker Abkommen ist.

Am Wochenende rollten noch Panzer der pro-russischen Separatisten durch Donezk. Bild: ap

WASHINGTON dpa/rtr | Die ukrainische Regierung hat einen umfangreichen Abzug schwerer Waffen durch die pro-russischen Rebellen von der Front im Osten des Landes bescheinigt. Präsident Petro Poroschenko erklärte am Montag im Fernsehen, sein Militär habe „den Löwenanteil“ seiner Waffen abgezogen. „Die von Russland unterstützen Kämpfer haben ebenfalls eine signifikante Zahl zurückgezogen.“

Beide Seiten setzen damit das Abkommen von Minsk um, das ein Ende der Kämpfe zum Ziel hat. Zuvor hatte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zuversichtlich gezeigt, dass sich die Lage im Osten stabilisieren könnte. Seit dem Ausbruch der Kämpfe im April sind fast 6.000 Menschen getötet worden.

US-Präsident Barack Obama hat unterdessen erneut vor einem Scheitern des Minsker Abkommens gewarnt. Wenn es nicht strikt überwacht und umgesetzt werde, „werden diese Vereinbarungen bedeutungslos“, sagte er bei einem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk am Montag im Weißen Haus. Dieser fügte hinzu, dass die gemeinsamen Feinde von EU und USA nicht nur Europa teilen, sondern auch zwischen die transatlantischen Partner einen Keil treiben wollten.

Das Minsker Abkommen war von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Präsidenten Frankreichs, Russlands und der Ukraine, François Hollande, Wladimir Putin und Petro Poroschenko, in der weißrussischen Hauptstadt ausgehandelt worden. Während Obama diesem Friedensprozess eine Chance geben will, wird die Diskussion um härtere Schritte gegenüber Russland in Washington längst offen geführt.

„Starke Einigkeit“

Im Kongress und im Pentagon werden etwa die Rufe nach der Lieferung defensiver Waffen an das ukrainische Militär immer lauter. Obama hatte noch im Februar betont, dass die Lieferung von sogenannten Defensiv-Waffen an die Ukraine als eine Option geprüft werde, sollten diplomatische Bemühungen scheitern. Eine Entscheidung ist bisher noch nicht gefallen.

Obama betonte die Notwendigkeit, dass die USA und Europa bei den Strafmaßnahmen gegen Russland an einem Strang ziehen. „Wir haben es geschafft, mit Blick auf Sanktionen starke Einigkeit zu bewahren“, sagte Obama. Tusk erklärte, dass beide Seiten sich einig seien, die Sanktionen bis zu einer vollständigen Umsetzung des Minsker Abkommens aufrecht zu erhalten.

Angesichts der Ukraine-Krise schicken die USA rund 3.000 Soldaten zu Manövern ins Baltikum. Sie sollen sich demnächst in Marsch setzen und an Übungen in Estland, Lettland und Litauen teilnehmen, sagte Pentagonsprecher Major James Brindle am Montag. Dies sei Teil einer bereits geplanten Truppenrotation zur Stärkung der Nato in der Region. Rund 750 Panzer und anderes schweres Gerät seien bereits in der Region eingetroffen.

Putin: „Willkür des Schicksals“

Knapp ein Jahr nach der Einverleibung der Krim hat Kremlchef Wladimir Putin derweil überraschend deutlich Einzelheiten der Kommandoaktion offen gelegt. Nach einer nächtlichen Krisensitzung im Kreml habe er am 23. Februar 2014 gegen 7.00 Uhr morgens befohlen: „Wir sind gezwungen, die Arbeit an der Rückkehr der Krim in den Bestand Russlands zu beginnen“, sagte Putin in einem am Montag vom russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Clip. Wenige Stunden vor der dramatischen Sitzung war der prorussische ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch nach prowestlichen Protesten aus Kiew geflohen.

Er habe zu den vier Teilnehmern der Beratung gesagt, dass Russland die Krim und ihre Bewohner nicht der „Willkür des Schicksals“ und nicht den „Nationalisten“ in der Ukraine überlassen dürfe, sagte Putin. Moskaus Absicht sei aber „nicht die Okkupation oder Annexion“ der Halbinsel gewesen. „Ziel war es, den Menschen zu ermöglichen, ihre Meinung zu äußern, wie sie weiter leben wollen“, so Putin.

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9 Kommentare

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  • Die Veröffentlichung der Stratfor-Studie (Teil 1: https://www.stratfor.com/…/wargaming-russias-military-optio…

    Teil 2: http://us4.campaign-archive2.com/…) zeigt, dass Washington Szenarien eines Kriegs inzwischen nicht mehr unter der Frage »Ja oder nein« diskutiert. Es geht nur noch ums WIE und WANN

  • Die Sanktionen und das beharrliche Anmahnen einer Verhandlungslösung scheinen Putin nun endlich zur Vernunft zu bringen, ich hoffe mal auf Dauer!

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    "Angesichts der Ukraine-Krise schicken die USA rund 3.000 Soldaten zu Manövern".

    Super! Löst man so Konflikte?

  • Die EU Armee ist schon lange in Traum. Ich glaube schon seit dem Millenium reden die davon.

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    400 Milliarden will man dafür ausgeben. Klar, bevor man es für sinnlose Dinge wie Bildung und gegen die Armut ausgibt dann doch dafür.

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    PS: ein Mensch in der NATO gibt 1113 $ für Rüstung jährlich aus. Ein Rest-Welt-Bürger(China, Russland etc) gibt dafür nur 52 $ aus....... Richtig gelesen, 21x weniger!!!!

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    In den USA hat man den Betrag aktuell auf 2426 $ angehoben. Pro Einwohner und Jahr, versteht sich!

    • @GWalter:

      Das sind wohl nur die "offiziellen" russischen Zahlen...

       

      Realistische Schätzungen für Russland gehen von 413 $ pro Kopf aus. Zugegeben wesentlich weniger als die Ausgaben der USA. Deutschland liegt bei 568$ pro Kopf.

       

      Daten aus Wikipedia: "Verteidingungsetat"

  • „Ziel war es, den Menschen zu ermöglichen, ihre Meinung zu äußern, wie sie weiter leben wollen“... Oh, wie nobel vom großen Führer.

    Unabhängig davon: Hoffentlich hält der Waffenstillstand und kann in einen beginnenden Frieden übergehen.

  • Die Interessen der USA und der NATO sind nun wirklich kein Geheimnis. Unverzeihlich ist, dass sich Europas Politiker haben hineinziehen lassen in diesen Konflikt, den sie in diesem Ausmass hätten verhindern können. Was hat man sich erhofft mit dieser blinden Solidarität? Sie hat nicht nur das über Jahrzehnte aufgebaute Vertrauen mit Russland zerstört, sie war auch zum eigenen Schaden.

     

    Es gab von Anfang an zu viele Ungereimtheiten in diesem Konflikt. Auch unsere deutschen Regierungsvertreter müssen sich vorwerfen lassen, durch ihre einseitige und vorschnelle Parteinahme zur Ausweitung beigetragen zu haben.

     

    Zum Glück gibt es inzwischen ein paar Stimmen, die die wahren Ursachen erkannt haben und auch anprangern. Es werden hoffentlich mehr werden!

  • Eine EU-Armee, allerdings nur unter 2 Bedingungen:

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    1. Die Nato wird damit obsolet und kann endlich, wenn auch 25 Jahre zu spät, aufgelöst werden.

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    2. Diese europäische Armee inkludiert auch Russland. Dann wäre tatsächlich ein dauerhafter Frieden in Europa machbar.

    Und man wäre so stark, dass man "aussenpolitisch wieder ernst genommen wird", z.B. gegenüber den USA.

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    Wenn man sich allerdings anschaut, welche Stümper da in der EU am Werk sind, kann das eigentlich nichts werden.

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Sollte das Minsker Abkommen greifen- was zu hoffen ist- wäre damit ein Anfang in Richtung Frieden gemacht. Denn es geht um die Zivilbevölkerung. Nicht nur Russland sollte militärische Unterstützung unterlassen, auch die USA muss ihre privaten Sicherheitsfirmen (Academi) und Militärberater aus der Ukraine abziehen. Es reicht das ein Ausverkauf ukrainischer Bodenschätze durch US- Firmen stattfindet und die Ressourcen des Landes geplündert werden.