Kompetenzteam der SPD: Steinbrücks Frau fürs Digitale
Gesche Joost soll Netzthemen für den SPD-Wahlkampf liefern. Die Designprofessorin arbeitet seit Jahren im Entwicklungslabor der Telekom.
Sie hat ein Telefon für ältere Nutzer entwickelt, ein Tablet für Demenzkranke. Sie beschäftigt sich mit Gender und Design, strickt interaktive Textilien, hat einen Handschuh entworfen, der Taubblinden Kommunikation ermöglicht.
Die Erfahrung, die Gesche Joost im Bereich Kommunikation und Internet besitzt, will sich SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zunutze machen. Deshalb hat er die 38-Jährige in sein Kompetenzteam geholt. Ihre Aufgabe: Netzthemen in den Wahlkampf einbringen. „Sie spricht eine junge Generation an und ist fit im Bereich der Digitalisierung. In diesem Feld ist sie wesentlich kompetenter als ich“, sagt Steinbrück am Montag bei ihrer Vorstellung.
Für Gesche Joost ist es der erste Auftritt vor der Presse. „Wow, die Hütte ist voll. Ich hoffe, ich schlage mich tapfer“, sagt sie im Willy-Brand-Haus. Sie wirkt nicht aufgeregt, sondern souverän und locker. Für Steinbrücks Wahlkampf kann das nur hilfreich sein. „Netzpolitik ist Gesellschaftspolitik. Die Frage ist, welche Rolle Politik beim Thema Digitalisierung spielen kann“, sagt sie.
Sie tritt ein für ein offenes, freies Internet. „Der Markt schafft es nicht allein, die Frage der Netzneutralität zu regeln.“ Man müsse das Urheberrecht neu regeln, der digitalen Kluft entgegenwirken. „Das ist ein Innovationsfaktor für Deutschland“, sagt Joost. Sie setzt sich ein für Open Data, also den freien Zugang von öffentlichen Daten im Netz, und für Open Access, die Online-Verfügbarkeit wissenschaftlicher Publikationen.
Während sie das erzählt, wirkt Steinbrück, als verstehe er nicht viel davon. Aber deshalb hat er sie ja ins Boot geholt.
Joost wurde 1974 in Kiel geboren, hat Design und Rhetorik studiert, wurde darin promoviert und ist mehrfach ausgezeichnet. Schon seit 2006 gehört sie zu Steinbrücks Beraterkreis. Seit 2010 ist sie Professorin für Designforschung an der Universität der Künste in Berlin. Ihre Professur wurde von der Deutschen Telekom gestiftet, wo sie seit Jahren im Entwicklungslabor (T-Labs) tätig ist. Über politische Ambitionen nach der Wahl habe sie sich noch keine Gedanken gemacht, sagt Joost am Montag. „Das Thema vernetzte Gesellschaft sollte in einer Regierung aber repräsentiert sein.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe