Kommunalwahl in Ungarn: Denkzettel für Orbán

Bei der Kommunalwahl muss die Regierungspartei Fidesz seit langem wieder Verluste einstecken. Grund sind Korruptionsskandale – und ein Sexvideo.

Ein Mann vor Mikrofonen.

Neuer Oberbürgermeister von Budapest: Gergely Karácsony besiegt des Fidesz-Kandidaten Foto: Bernadett Szabo/reuters

BUDAPEST taz | Seit dreizehn Jahren musste der ungarische Regierungschef Viktor Orbán keine Wahlniederlage mehr schönreden. Anders am späten Sonntag: Die Regierungspartei Fidesz hat völlig unerwartet Verluste bei den Kommunalwahlen einstecken müssen.

Die Hauptstadt wird nach neun Jahren wieder vom linken Block regiert. Oberbürgermeister wird mit 51 Prozent der Stimmen Gergely Karácsony von der grünliberalen Kleinpartei Párbeszéd mit breiter Unterstützung der Linksparteien. Er besiegte Orbáns Mann für Budapest, den bisherigen Bügermeister István Tarlós, der noch am Wahlabend gratulierte.

Die Niederlage von Fidesz in Budapest wird in den Bezirken der Stadt noch deutlicher. 2014 gewann die Partei 17 der 23 Bezirke, davon verloren sie jetzt neun. Der Senat der Hauptstadt wird damit auch von der Allianz der Linksparteien dominiert.

Für Orbán ist dies ein herber Schlag, denn er versucht sich in Budapest mit Großprojekten zu verewigen, die jetzt plötzlich auch von der Opposition abgesegnet werden müssen. Karácsony hat schon versprochen, die umstrittene Bebauung des Stadtparks zu stoppen. Konflikte sind auch in der Burg von Budapest vorprogrammiert, wo Orbán sich eine neue Regierungszentrale bauen lässt.

Skandale und Korruption in Győr

Und es kommt für Fidesz noch dicker. Die Partei verlor auch außerhalb der Hauptstadt wichtige Bürgermeisterposten. Es gibt in Ungarn insgesamt 23 Städte mit Komitatsrecht – diese sind also höher gestellt als andere Gemeinden. Die Opposition stellte bisher nur drei Bürgermeister und auch die wollte Fidesz unbedingt besiegen. Es kam umgekehrt.

Die Allianz aus Linken und der milder gewordenen rechtsradikalen Partei Jobbik gewann insgesamt zehn Städte. Darunter sind die florierende Stadt Szombathely in Westungarn sowie die abgehängten Städte Miskolc im Osten und Pécs im Süden.

Ein Grund, der zu den überraschenden Ergebnissen geführt haben könnte, dürfte ein Video sein, das eine Woche vor den Wahlen an die Öffentlichkeit gelangte. Die Aufnahme zeigt den verheirateten Bürgermeister der westungarischen Stadt Győr, Zsolt Borkai, wie er sich auf einer Yacht in der Adria mit Prostituierten vergnügt. Schon zuvor war der Fidesz-Mann in Korruptionsfälle verwickelt, etwa rund um die Erweiterung des Audi-Werkes in Győr. Borkais Mittelsmänner hätten Grundstücke aufgekauft, die dann überteuert an die deutsche Firma weitergeleitet wurden.

Für Orbán ist dies ein herber Schlag, denn er versucht sich in Budapest mit Großprojekten zu verewigen

Die Wähler von Győr ließen aber ausgerechnet Borkai im Amt, der zwar 17 Prozentpunkte gegenüber 2014 verlor, die Stadt aber weiter regieren darf. Abgestraft wurden andere. Fidesz wurde in den letzten Jahren nicht nur zunehmend korrupt, sondern auch immer arroganter. Jetzt verpassten die Ungarn Orbán einen Denkzettel.

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