piwik no script img

Kommissar Jürgen Tauber nimmt AbschiedEndspiel mit Leidenschaft

Seit 1998 ermittelt der einarmige Grieskram Jürgen Tauber bei "Polizeiruf 110". Die Folge "Endspiel" am Sonntag, 20.15 Uhr, auf ARD, ist seine letzte.

Am Sonntag gibt Kriminalhauptkommissar Jürgen Tauber (Edgar Selge) seine Dienstmarke ab. Bild: br/kerstin stelter

Tauber hat wieder eine zweite Hand. Sie surrt ein bisschen, wenn sie auf und zu geht, aber hat sie einmal eine andere Hand gepackt, dann lässt sie die nicht wieder los. Wer weiß, vielleicht darf Kriminalhauptkommissar Jürgen Tauber (Edgar Selge), der einarmige Eigenbrötler, der dieses Wochenende nach elf Jahren seinen letzten „Polizeiruf“-Fernsehdienst antritt, zum Abschied ja tatsächlich seine seelische und körperliche Versehrtheit überwinden.

Der Drogenfahnder Matthias Kurtz (Wanja Mues), mit dem er auf eigene Faust einen Mordfall ermittelt, hat es Tauber jedenfalls angetan. Mal schläft er bei dem jungen Kollegen auf der Couch, mal ziehen die beiden zusammen durch die Technoclubs. Und mit der Verliebtheit kommt eben auch die Eitelkeit: Eines Morgens hat sich Tauber jedenfalls zur Überraschung seiner Kollegin Jo Obermaier (Michaela May) seine zuvor kaum getragene Prothese angelegt.

Es gab ja seit seinem Dienstantritt 1998 immer wieder diese zauberhaften Momente, wo der Griesgram kurze soziale Coming-Outs hatte. Die Derangierten und Deformierten, die Aufsässigen und Aussortierten waren es, die Tauber zurückholten ins Leben und ihn zu zwischenmenschlichen Hochleistungen antrieben.

Das traurige Busenwunder in „Silikon Walli“, die einsame Webcam-Tänzerin in „Der scharlachrote Engel“, das schwangere Mädchen mit Down-Syndrom in „Rosis Baby“: Überall dort, wo die patente Familienmutter Obermaier (seit 2001 beim Münchner „Polizeiruf“ dabei) nicht so recht weiterkam, entwickelte ausgerechnet der Menschenfeind Tauber eine riskante Zärtlichkeit.

Regisseur Andreas Kleinert, der neben einigen grandiosen Schweriner Polizeirufen auch schon die preisgekrönte Münchner Episode „Rosis Baby“ in Szene gesetzt hat, lässt den Ermittler bei diesem letzten Auftritt nun emotional aufs Ganze gehen: Der Mord an einem Drogenfahnder gerät in „Endspiel“ (Buch: Alexander Adolph) ziemlich in den Hintergrund, während Tauber eine sich von der Leidenschaft des jungen Kollegen anstecken lässt. Der raucht, rennt und brennt, als würde es kein Morgen geben.

Taubers alte Partnerin Obermaier hingegen, wie langweilig, versucht den Karrieresprung in den arbeitszeittechnisch klar geregelten Innendienst. Da schnallt sich Tauber doch lieber die eigentlich so verhasste Prothese an – und stürzt sich für den (leider heterosexuellen) jungen Kollegen Hals über Kopf ins Coming-out.

Alter Arm, neues Glück? Wir werden es nicht mehr erfahren, am Ende gibt Jürgen Tauber lächelnd seine Dienstmarke ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • A
    Amos

    Bei diesem Krimi hat man die Schlaftabletten gespart. Kein Vergleich zu Prahl und Lieffen oder Volkerts.

  • S
    saalbert

    "Griesgram" ist eine nette Verharmlosung. Wie dieser Kerl mit Leuten umspringen und sie anblaffen zu dürfen meint, ist so grässlich, dass ich darauf verzichte, mir diesen Großmaul-Macho auch nur noch eine Minute anzusehen.