Kommentar: Kinnhaken für Bush
Der amerikanische Präsident ignoriert weiterhin die Fakten im Irak - und steuert auf ein vollkommenes Desaster zu.
1 8 Fragen zur Situation im Irak hat der US-Kongress der Regierung Bush gestellt. Zu nicht einmal der Hälfte hatte sie gestern Positives zu vermelden. Die täglichen Nachrichten aus dem Irak lassen jedes Gerede vom großen Fortschritt dort als Farce erscheinen. Doch Präsident George W. Bush sieht "Grund zum Optimismus". Der aber ist selbst gemacht: "Ich glaube, dass wir gewinnen können, und ich weiß, dass wir es müssen," sagte der Präsident gestern. Das triffts.
Bernd Pickert ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
In der innenpolitischen Debatte der USA zählen keine graduellen Fortschritte mehr, selbst wenn es sie tatsächlich gäbe. Jeden Tag rücken weitere republikanische Senatoren von der Position ihrer Regierung ab, die Antikriegshaltung gewinnt stetig an öffentlicher Zustimmung. Um hier eine Umkehr zu erreichen, reichen Bush im Irak kleine Erfolge nicht mehr aus. Er braucht eine Wende. An die aber ist nicht zu denken.
Schuld daran ist, laut Zwischenbericht, auch die irakische Regierung. Dass die aber nicht funktioniere und dazu auch niemals in der Lage sein werde, soll die CIA nach Recherchen von Starreporter Bob Woodward schon im November 2006 festgestellt und Bush mitgeteilt haben - da erdachten Pentagon und Weißes Haus gerade ihre "neue" Irakstrategie, die auf ebendiese Regierung setzte. Bush ignoriert weiter die Fakten - das ist die Botschaft.
Am Mittwoch ergänzten die Geheimdienste, Iraks Armee werde auf Jahre hinaus nicht in der Lage sein, den Aufstand selbst zu bekämpfen. Und jetzt heißt es in einem noch geheimen Report der CIA, al-Qaida habe ihre Stärke von 2001 wiedererlangt - das ist keine Ohrfeige mehr für Bush, das ist ein Kinnhaken. Immerhin bestätigt es ein zentrales Argument der Demokraten: dass der Irakkrieg von der wichtigsten Aufgabe, dem Kampf gegen al-Qaida, abgelenkt habe.
Mag sein, dass US-Präsident Bush noch ein letztes Mal mit der Bitte um mehr Zeit durchkommt. Wenn aber General Petraeus, US-Oberbefehlshaber im Irak, auch im September nichts Besseres berichten kann, ist der Krieg politisch nicht mehr zu führen. Ein Abzug der US-Truppen noch vor Ende dieser Präsidentschaft würde folgen. Bushs Desaster wäre komplett.
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