Kommentar: Der lachende Dritte
Der pakistanische Doppel-Machthaber Pervez Musharraf mag schwächeln. Doch an der Macht des Militärs im Land kann auch eine Premierministerin Bhutto nicht rütteln.
Anett Keller ist Redakteurin im Auslandssressort der taz
Auch wenn Pervez Musharraf dementieren lässt, er habe sich mit Pakistans Expremierministerin Benazir Bhutto über eine künftige Teilung der Macht geeinigt: Die Luft für den General wird dünn. Lange hatte Musharraf geglaubt, er könne sich in seiner Doppelrolle als Armeechef und Präsident wiederwählen lassen und erst dann Parlamentswahlen abhalten, die ihn schwächen könnten. Doch im Land wuchs der Widerstand gegen Musharraf, den viele als einen Handlanger Washingtons im "Krieg gegen den Terror" betrachten.
Als Musharraf im Frühjahr den Obersten Richter Iftikhar Muhammad Chaudhry absetzen ließ, weil der seinen Plänen zu einer Wiederwahl möglicherweise einen juristischen Riegel hätte vorschieben können, kam es zu Massendemonstrationen im Land. Das Musharraf zu lange zögerte, als ihm die Islamisten in der Roten Moschee auf der Nase herumtanzten, kostete ihn weiteres Ansehen. Schließlich wurde Chaudhry vom Obersten Gericht wieder eingesetzt. Seitdem versetzt er Musharraf eine Schlappe nach der anderen.
In der vergangenen Woche erlaubte das Gericht dem exilierten Expremier Nawaz Sharif, nach Pakistan zurückzukehren. Und am Mittwoch gab es bekannt, eine Klage gegen Musharrafs Doppelrolle als Präsident und Armeechef zuzulassen. Doch nicht nur Musharraf steht seitdem unter Druck. Auch die noch immer im Exil lebende Benazir Bhutto dürfte nicht erfreut sein über die Rückkehr ihres Erzrivalen Sharif, den Pakistans Militärgeheimdienst einst als ihren Kontrahenten aufbaute.
Sollten sich Bhutto und Musharraf einigen, würde Bhuttos populäre Partei PPP Musharraf wohl die erneute Wahl zum Präsidenten sichern. Doch daran, dass in Pakistan das Militär den Staat kontrolliert, ändert auch eine Premierministerin Bhutto unter einem Präsidenten Musharraf, der sein Amt als Armeechef aufgibt, nichts. Politisch verheißt die "neue" Konstellation jedenfalls nicht mehr Stabilität. Im Gegenteil: Bhuttos Partei könnte wegen ihrer Unterstützung Musharrafs deutlich an Unterstützung verlieren - zumal bekannt ist, dass die USA den Deal zu forcieren versuchen.
Der lachende Dritte könnte Nawaz Sharif sein, der bereits Pläne mit Pakistans islamistischen Parteien schmiedet. Seine Partei besitzt viele Sympathisanten im bevölkerungsreichen Punjab und stand Musharraf schon immer kritischer gegenüber als Bhuttos PPP. Erste Überläufer, die nach Sharifs Sturz zu Musharraf gewechselt waren, kehren zu ihm zurück. Und ein Bündnis von Bhutto und Musharraf dürfte die Islamisten in Pakistan noch mehr erstarken lassen. ANETT KELLER
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