piwik no script img

KommentarNicht jede China-Reise ist tabu

Anders als beim geplanten Besuch des Regierenden während der Olympischen Spiele dürfte es Wirtschaftssenator Wolf bei seiner Reise gelingen, die Menschenrechte zur Sprache zu bringen. Kommentar

Klaus Wowereits geplanter Besuch der Olympischen Spiele in Peking hat vor drei Wochen noch für eine hitzige Debatte im Abgeordnetenhaus gesorgt. Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) musste auf Druck - nicht zuletzt aus den eigenen Reihen - seine China-Reise gar absagen. An der Menschenrechtslage in Tibet dürfte sich seitdem nur wenig geändert haben. Nun fährt Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) nach China - und niemand schreit auf. Und das ist völlig in Ordnung so.

Anders als beim geplanten Besuch des Regierenden und der abgesagten Tour des Parlamentspräsidenten reist Wolf mit einem konkreten Anliegen nach China. Er trifft sich mit Vertretern der Kreativindustrie, sucht den Kontakt zu Filmschaffenden und hat vor allem eines felsenfest vor: Beim Treffen mit der Pekinger Stadtregierung will er die Menschenrechtsverletzungen thematisieren. Was dabei heraus kommt, bleibt dahin gestellt. Der Rahmen ist aber durchaus vorhanden.

Auch Wowereit rechtfertigt sein Besuch während der Olympischen Spiele mit einem konkreten Anliegen: Der Regierende will für die Leichtathletik-WM 2009 in Berlin werben. Doch es gibt einen gravierenden Unterschied: Während der Spiele werden die Mahnungen eines Berliner Politikers verpuffen, sobald er über Tibet und Demokratie spricht. Im Vorfeld der Spiele nicht unbedingt.

Wie ernst es der rot-rote Senat mit den Menschenrechten in Tibet meint, könnte er bei einer ganz anderen Gelegenheit viel gehaltvoller unter Beweis stellen. Nächste Woche kommt der Dalai Lama nach Berlin. Köhler und Merkel haben bereits angekündigt, dass sie das tibetische Oberhaupt nicht empfangen werden. Herr Wowereit, übernehmen Sie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!