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■ KommentarVom Regen in die Traufe Das Dilemma der Bundesbaugesellschaft Berlin

Das Desaster hätte symbolischer nicht sein können. Drei Jahre nach dem Umzugsbeschluss des Bundestags im Juni 1991 soff der Schürmann-Bau, kurz vor der Wende als neues Epizentrum des Bonner Parlamentarismus in Angriff genommen, ins Rheinwasser ab. Danach stritt man sich nicht nur um die mögliche Sanierung und eventuelle neue Nutzer, sondern auch um die Verantwortung für das Debakel. Mit im Spiel: die bundeseigene Bundesbaudirektion als Bauherrin des havarierten Gebäudes.

Heute gibt es die Bundesbaudirektion nicht mehr. Für die meisten Bundesbauten fungiert nun die Bundesanstalt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) als Bauherr, während für die Neubauten im Zusammenhang mit dem Umzug von Bonn nach Berlin eigens die privatwirtschaftliche Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) gegründet wurde. Damit sollten ein für alle Mal die Lehren aus dem Schürmann-Desaster gezogen werden.

Doch beinahe scheint es, als wäre der Bund als Bauherr damit nur vom Regen in die Traufe gekommen. So wurde nach Recherchen der taz bekannt, dass sich im Verwaltungsgebäude des Deutschen Historischen Museums tiefe Risse bildeten, weil man die Auswirkungen der Baugrube auf das Nachbargebäude unterschätzt hatte. Verantwortlich für das Missgeschick: die Bundesanstalt für Bauwesen und Raumordnung.

Weitaus größer ist der Schaden allerdings bei der BBB. Weil es der Bund versäumt hat, effiziente Kontrollmechanismen einzurichten, wurschtelt die private Gesellschaft seit Jahren vor sich hin. Sämtliche Warnungen wegen knapper Kalkulationen wurden in den Wind geschlagen. Gehandelt wurde immer erst, wenn es zu spät war – und zwar um die Billigung von Mehrkosten in Millionenhöhe durch die zuständigen Ausschüsse des Bundestags.

Die stecken nun freilich in einem Dilemma. Ohne zusätzliche Mittel wird sich nicht nur die Fertigstellung der Abgeordnetenbüros verzögern, sondern die Kostenexplosion noch weitergehen. Spätestens seit gestern dürfte klar sein, dass die bauliche Havarie des Schürmann-Baus nur einer finanziellen gewichen ist – trotz Auflösung des Bundesbaudirektion. Uwe Rada

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