■ Kommentar: Luxuspfuhl ohne Klatsch
Was waren das für Zeiten, als Touristen aus Bad Segeberg in typischen Berliner Etagenhotels oder in den Plattenburgen des Osten absteigen mußten. Das nette Flair der Front- und Hauptstadt spiegelte sich schon an der Rezeption. Verpennte Portiers, ein versiffter Fahrstuhl, Zigarettenflecken in muffigen Teppichböden. Die Zimmer zierten Bilder röhrender Hirsche oder ein abgefucktes Poster mit Ku'damm-Panorama.
Damit ist jetzt Schluß. Das Zeitalter des Hedonismus hat der Hauptstadt einen Luxuspfuhl beschert, in dem man sich für teures Geld nostalgisch herumwälzen kann. Das neue Hotel Adlon am Pariser Platz ist wirklich schick, verdammt teuer, mit edlen Stoffen veredelt und für eine Hauptstadtgesellschaft gebaut, die sich im Mythos der Vergangenheit aalen soll, weil die Gegenwart nicht so rosig ist. Doch den Glanz und die Pracht des alten Adlon haben die veredelt, die darin wohnten: Einstein, Thomas Mann, Pola Negri oder ein besoffener Emil Jannings, die junge Dietrich oder Charlie Chaplin. Die machten die Geschichten: nicht Wilhelm II. oder der arabische Prinz, der das Bidet mit der Toilette verwechselte. Pfui. Für den Glamour heute sollen Roberto Blanco und Franz Beckenbauer sorgen. Was für ein Vergleich. Selbst wenn die beiden in der Sauna verschwinden würden, tuschelte darüber niemand mehr im Wintergarten. Rolf Lautenschläger
Berliner Thema Seite 31
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