■ Kommentar: Glaubwürdigkeitslücke
Wortgewaltig und beschwörend war der Bevölkerung in Berlin und Brandenburg vor dem Urnengang am 5. Mai letzten Jahres klargemacht worden, welch Fronarbeit auf die Regierungen im Falle des Scheiterns der Länderfusion zukäme: Hunderte von Staatsverträgen hätten die Landesregierungen aushandeln müssen, um all jene Fragen zu regeln, die beide Seiten berühren. Die Fusion platzte bekanntlich – und auch ansonsten passierte seitdem nichts.
„Weitermachen wie gewohnt“ lautete vielmehr die Parole bei den Landesregierungen. In auch vorher schon bekannter Weise reiben sich zuweilen der Berliner Bär und der Brandenburger Adler – ansonsten verfolgen Senat und Potsdamer Staatskanzlei die eigenen Projekte. Zugenommen haben dagegen die Egoismen, forciert noch von den jeweiligen Finanznöten. Selbst dort, wo es Staatsverträge gibt, steht es nicht zum besten. Die gemeinsame Landesplanungsgesellschaft, die den Speckgürtel geordnet entwickeln sollte, dümpelt vor sich hin. Deshalb kann auch das gestrige Treffen zwischen den beiden Landesregierungen keine Frühlingsgefühle wecken. Wer innerhalb eines Jahres außer der allein auf Medienwirkung gezielten Auftaktveranstaltung nur ein Treffen zustande bringt, kann kaum glaubwürdig vertreten, daß eine enge Zusammenarbeit zwischen Berlin und Potsdam not tue. Angesichts des beiderseitigen offenkundigen Desinteresses können sich vielmehr Fusionsgegner nachträglich bestätigt fühlen. Gerd Nowakowski
siehe Bericht Seite 22
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