Kommentar: Rot-grüne Chefallüren
■ Wie die grüne Stadtentwicklungsbehörde die Bezirke verhöhnt und entmündigt
Kläranlagen, Müllöfen, Fußball-Stadien, Asylbewerberheime, Konzert-Säle: Der Stadtstaat Hamburg kann unmöglich auf diese Einrichtungen verzichten; das würde auch kein Bezirk ernsthaft behaupten. Aber sobald es um die konkrete Standortfrage für diese konfliktträchtigen Bauprojekte geht, ist das Wehklagen groß: Überall, aber bitte nicht hier!
Aus bezirklicher Perspektive mag das nachvollziehbar sein; aus gesamtstädtischer Sicht ist es eine – auf die Dauer – nicht hinnehmbare Blockadehaltung. Deswegen ist eine übergeordnete Planungsinstanz richtig und wünschenswert: als Vermittlerin zwischen widerstreitenden Interessen, durchaus mit Option auf das letzte Wort.
Doch statt dessen stößt die Stadtentwicklungsbehörde die Bezirke bloß vor den Kopf. Das Ansinnen des grünen Senators, den Bezirk Mitte – überspitzt formuliert – auf die Planung von Klohäuschen oder die Ausweisung unattraktiver Gewerbeflächen in Billstedt oder Horn zu reduzieren, verhöhnt Bezirkspolitiker wie Planer: Sie von allen spannenden Planungsentscheidungen pauschal und von vornherein auszuschließen, kommt einer Entmündigung gleich.
Da helfen auch keine Lippenbekenntnisse, man wolle ja Dezentralisierung und Autonomie. Die Stadtentwicklungsbehörde signalisiert, wie wenig Vertrauen sie tatsächlich in die Kompetenz der Bezirke hat. Hieße Hamburgs oberster Regent noch Henning Zentralist Voscherau – viele würden meckern, die wenigsten sich wundern. Unter Rot-Grün dagegen muten diese Chefallüren befremdlich an.
Heike Haarhoff
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