Kommentar: Kein grünes Wunder
■ Warum die HEW ungestraft den Ausstieg aus dem Ausstieg verkünden dürfen
Eine solche Dreistigkeit hat es aus Sicht der HEW noch nicht gegeben. Ein Mitglied des Aufsichtsrats hat es gestern gewagt, das Unternehmen vor allen Aktionären zu kritisieren. Doch so notwendig die Einmischung von Umweltsenator Porschke war: Sie wird folgenlos bleiben.
HEW-Vorstandschef Timm weiß sich unangefochten und das Atomgesetz auf seiner Seite. Da kann der Senator, immerhin Vertreter der Mehrheitsaktionärin, Handstand machen oder mit den Ohren wackeln – Timm guckt nicht mal hin. Denn was hat Porschke schon zu sagen? Er ist nicht mal Chef des Aufsichtsrats. Sich diese zentrale Einflußrolle aus der Hand nehmen zu lassen und auf SPD-Bürgermeister Runde zu vertrauen, entpuppt sich als der entscheidende Fehler in der grünen Strategie bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD im vorigen Herbst.
Zumal Runde gestern auf Distanz zu seinem grünen Senator ging. Anstatt ihn zu unterstützen, ließ er ihn auflaufen. Anstatt auf das HEW-Satzungsziel „Atomausstieg“ zu drängen, ließ er Timm unwidersprochen verkünden, daß diesen bestenfalls die Enkel erleben werden. Die grüne Basis zumindest hat nun Gewißheit: Die baldige Stillegung des AKWs Brunsbüttel käme einem Wunder gleich.
Was es in der atompolitischen Wirklichkeit aussieht, zeigt ein Blick nach Schweden: Dort hat der Stromkonzern Sydkraft durch Schadensersatzklagen jüngst parlamentarische Ausstiegsbeschlüsse gekippt – trotz eines liberalen Atomgesetzes. Übrigens: Die HEW halten Anteile an diesem Klagekonzern.
Heike Haarhoff
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen