Kommentar: Die alte Schule
■ Warum die rot-grüne Bildungsbehörde aus Geldmangel konservativ wird
Armut macht gelegentlich konservativ. Bei der Hamburger Bildungsbehörde zum Beispiel ist das so. Weil sie kein Geld für mehr Lehrer hat, plant sie eine Richtlinie, die geradewegs zurück zur alten Schule führt: Unterrichtet werden zuerst die klassischen Fächer. Wenn Stunden ausfallen, dann jene, deren Noten nicht im Zeugnis auftauchen.
Damit will das SPD-geführte Amt dem, erwiesenermaßen krassen, Unterrichtsausfall an Hamburgs Schulen beikommen – und legt ein erstaunlich altbackenes Verständnis von „Unterricht“ an den Tag. Als ob Stunden, in denen SchülerInnen Betriebe besuchen, einen Austausch mit der französischen Partnerstadt vorbereiten oder in Grüppchen arbeiten, nicht zum Unterrichtsangebot gehörten.
Zwar gibt es sie noch nicht so lange wie Erdkunde oder Deutsch, aber wenn diese Angebote wegfallen, trägt das genauso zum Unterrichtsausfall bei wie eine nicht erteilte Sozialkundestunde. Es ist schlicht eine Frage von Prioritäten, welches Angebot man knickt.
Doch selbst bei einer Entscheidung für die klassischen Fächer macht die neue Richtlinie keinen Sinn. Denn Vertretungslehrer sind nicht gezwungen, das durchzukauen, was die Klassenlehrerin für die betreffende Stunde geplant hatte. Bis zu drei Wochen lang darf Ersatzunterricht sogar in einem völlig anderen Fach stattfinden.
Im Extremfall bedeutet das, daß eine Englisch-Förderstunde in der 8c ausfällt, weil der Lehrer die Mathestunde in der 9b vertretungsweise mit englischen Kreuzworträtseln rumbringt.
Wenn das nicht die alte Schule ist. Judith Weber
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