Kommentar: Fauler Trick
■ CDU-Senatoren steigen aus Mahnmal-Wettbewerb aus
Zum politischen Geschäft gehört, mit kleinen Tricks den Gegner auszumanövrieren, um letztlich einen Kompromiß zu finden. Als faulen Trick hingegen muß man die Entscheidung des Senats bewerten, den Wettbewerb zur Errichtung des Holocaust-Mahnmals „auszusetzen“ und die Debatte des Bundestages über das Procedere abzuwarten. Denn was auf den ersten Blick wie eine Geste gegenüber der Legislative ausschaut, entpuppt sich in Wahrheit als Affront derselben. Mit diesem Beschluß setzt nicht nur Eberhard Diepgen seiner ablehnenden Haltung zum Bau des Mahnmals einen drauf. Die gesamte CDU-Riege zwingt jetzt den Koalitionspartner SPD mit zum Stopp des Verfahrens. Wenn der Senatssprecher dabei noch anmerkt, man wolle die Entscheidung des Parlaments respektieren, ist das mehr als scheinheilig. Denn es wird keine Entscheidung des Bundestages geben.
Voraussetzung für eine Debatte im Bundestag ist der Abschluß des laufenden Wettbewerbsverfahrens und die Entscheidung der Auslober für einen Entwurf oder mehrere Entwürfe des Holocaust- Mahnmals. Berlin sitzt neben dem Bund und dem Förderkreis mit im Ausloberboot. Geht das Land nun von Bord, indem es das Verfahren „aussetzt“, ist jede Debatte schon jetzt Makulatur. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat das kommen sehen, als er Diepgen in den vergangenen Wochen aufforderte, seine Blockadehaltung aufzugeben. Die CDU-Senatoren sind dem nicht gefolgt, sondern setzten dem Bund zudem noch Hörner auf.
Beim Thema Holocaust-Mahnmal hören der Spaß und auch Koalitionen auf. Das Land hat den Wettbewerbsbedingungen zugestimmt. Zudem sind das Votum der Findungskommission und der Beschluß, über die Gestaltung des Eisenman-Mahnmals im Bundestag zu diskutieren, akzeptabel. Daß die CDU das nicht so sieht, muß nicht bedeuten, daß die SPD es ihr gleichtut. Finanzsenatorin Fugmann-Heesing hat sich gestern dafür ausgesprochen, den Wettbewerb zu beenden und den Eisenman-Entwurf mit kleinem Dokumentationszentrum als Grundlage für eine Entscheidung zu nehmen. Dafür gibt es im Abgeordnetenhaus Mehrheiten. Rolf Lautenschläger
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