Kommentar: Der nächste Schritt
■ Gummigeschosse gehören nicht auf die Tagesordnung
Berlin befände sich in bester Gesellschaft, würde wahr, was zum Glück gleich wieder in einen CDU-Ausschuß verwiesen wurde: Gummigeschosse für die Berliner Polizei. In Nordirland, in Indonesien, auf der Westbank, in Chile, in Bolivien wie in Südafrika gehören Gummigeschosse zur Grundausrüstung der Polizei. Routinemäßig werden DemonstrantInnen mit Gummimunition beschossen. Immer wieder werden dabei auch DemonstrantInnen getötet.
Auch in Spanien finden die harmlos klingenden, aber heimtückisch wirkenden Geschosse Anwendung; etwa im Kampf gegen die ETA. Und selbst Frankreich benutzt sie – zur Aufstandsbekämpfung in den Banlieues.
Auch politisch beeindruckt die Genese der Diskussion um die Ausrüstung mit Gummigeschossen. Anläßlich der Demonstrationen in Gorleben etwa gab der CDU-Rechtsaußen Alfred Dregger in bezug auf die umstrittene Munition zu Protokoll: „Unsere Polizei braucht Abstandswaffen, um sich diese Meute vom Hals zu halten.“ Und in Berlin forderte zuletzt eine inhaltliche Koalition von CDU und Republikanern die Gummigeschosse nach der Räumung der Mainzer Straße.
Gummigeschosse können tödlich sein, verursachen auf jeden Fall erhebliche Verletzungen und senken dabei noch die Schwelle für den einzelnen Polizisten, auf eine Person zu zielen und auch zu feuern. Eine Kombination, die nicht nur von amnesty international angeklagt wird, sondern in der Vergangenheit auch in der Bundesrepublik dazu führte, die von Unionskreisen immer wieder versuchte Diskussion um den regelmäßigen Einsatz solcher Munition im Keime zu ersticken – selbst in Zeiten, als es tatsächlich noch Großdemonstrationen gab.
Die Forderung, die Berliner Polizei „z.B. mit Gummischrotgewehren“ auszurüsten, ist nur ein Vorschlag innerhalb eines ganzen Kataloges, der wie die CDU-Fraktion gestern nachdrücklich betonte, auf die Bitte von Innensenator Werthebach zur Überarbeitung wieder in den Ausschuß für Innere Sicherheit der Fraktion wanderte. Aber der Punkt ist gesetzt, die Idee auf der Tagesordnung und damit in der politischen Landschaft. Nur da gehört sie nicht hin. Barbara Junge‚/B‘
Bericht Seite 22
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