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KommentarDie Janusköpfigkeit

■ Der neue ausländerpolitische Sound von Rot-Grün

Deutschland ist ein fremdenfeindliches Land. Und die Bürger, sie sind ein Volk – kaltherzig, engstirnig und provinziell. Schlecht und ungerecht zu Ausländern und den Minderheiten. So kennen wir sie, die Klage, seit Jahren am lautesten vorgetragen von allen, die sich einen Vorteil von ihr versprechen, am professionellsten vom Stand der Berufstürken aus Politik, Gesellschaft und Kultur. Mit der Beschwörung des rassistischen und abweisenden Deutschland läßt sich noch in jeder Talkshow punkten, in jedem Diskurs ein kleiner Startvorteil erstreiten. Denn eines will die Neue Mitte, also wir alle, fünfzig Jahre nach Gründung der Republik, vor allem sein – polyglott, pluralistisch und tolerant.

Trotz allen Sehnens, es bleibt ein Imageproblem. Niemand kauft uns Deutschen die Weltgewandtheit so recht ab, am wenigsten wir selbst. Das ist ungerecht. Schließlich haben die christlich-liberalen Bundesregierungen alles dafür getan, aus dem deutschen Deutschland eine bunte Republik zu machen.

In kein anderes europäisches Land wanderten in den achtziger und neunziger Jahren so viele Menschen ein wie in unseres unter der Ägide von Helmut Kohl. Kohls Republik war eine offene.

Mit Rot-Grün wird sich vieles ändern, vor allem und als erstes die Rhetorik. Ja, Johannes Rau will und wird der Bundespräsident aller in Deutschland lebenden Menschen sein. Sein Versprechen ist ein neuer Sound, der in den bildungsbürgerlichen Salons und liberalen Gazetten goutiert wird – so universell, so modern. Rot-Grün wird gelingen, woran Helmut Kohl scheiterte, nämlich die Skeptiker überzeugen, daß das Land ein aufgeschlossenes ist und sich mit seinen Ausländern versöhnt.

Das wohlfeile und ausländerfreundliche Wortgeklingel, manche verwechseln das mit einer neuen Politik, wird es Rot-Grün ermöglichen, all die heiklen Punkte auf die Agenda zu setzen, die Helmut Kohl postwendend um die Ohren geflogen wären. Zum Beispiel die Reduzierung und Kontrolle der Einwanderung. Es wird über ein Einwanderungsgesetz geschehen, das den nationalen und wirtschaftlichen Interessen höchste Priorität einräumt. Nicht nur in Fragen von Krieg und Frieden und sozialer Gerechtigkeit, sondern auch in denen der Migration werden wir uns an eine neue Janusköpfigkeit gewöhnen. Eberhard Seidel

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