piwik no script img

KommentarAlles falsch gemacht

■ Nur Radunski will Wohnheim schlachten

Es war eine gute Idee, mit der sich das Land Berlin und die Investoren Deutsche Bank, Veba und Realprojekt vor einiger Zeit an einen runden Tisch gesetzt hatten. Die neue Berlinische Galerie auf dem Schultheiss-Gelände wollten die Unternehmen aus eigener Tasche bezahlen. Das Land versprach ein Kompensationsgrundstück und kulturelles Renommee dazu.

Das heimatlose Landesmuseum mit seiner modernen Sammlung durfte sich auf einen dauerhaften Standort freuen, die Geldgeber auf Rendite. Kunst, Kultur und Kapital in Eintracht. Wo gibt es das schon?

Ins schlechte Licht gerät der Deal jetzt deshalb, weil Kultursenator Radunski nur einen faulen Kompromiß zugelassen hat: und das mit Absicht und zum Schaden des Studentendorfs Schlachtensee sowie der Berlinischen Galerie.

Denn anstatt sich nach einem geeigneten Grundstück für den bereitwilligen Investor umzusehen, hatte der Kultursenator nur im Sinn, einen Balast abschütteln und dabei schnelles Geld zu machen.

Richtig ist, daß das Schlachtensee-Ensemble aus den 50er Jahren nicht so glänzt wie der Potsdamer Platz. Der Glanz beruht auf einer anderen Ebene: Zum einen handelt es sich um ein Bauwerk, das eng mit der Geschichte der Freien Universität verbunden ist. Studentisches Wohnen und gemeinschaftliches Leben werden durch die denkmalgeschützten Architekturen symbolisiert. Schon darum lohnt sich der Erhalt. Zum anderen stellt das Wohnheim eine kostengünstige und studienortnahe Unterbringung dar, besonders für ausländische Gasthörer.

Hinzu kommt, daß der behauptete Leerstand in der Form gar nicht existiert, weil über 80 Prozent der Plätze belegt sind. Daß die nun teurem Wohnraum und Dienstleistungen zum Opfer fallen sollen, sehen selbst die Investoren Deutsche Bank und Veba nicht ein. Hätte Radunski nicht starrsinnig am Verhandlungstisch gesessen und das Kompensationsgeschäft nicht von Beginn an im Visier gehabt, viel Ärger würde ihm erspart bleiben. Hinzu kommt, daß die Berlinische Galerie ohne ihr Zutun gegen das Studentendorf ausgespielt wird. Alles schien gut, alles hat der Senator falsch gemacht. Rolf Lautenschläger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen