Kommentar: Hehre Worte, wenig Taten
■ Die SPD und die Schulpolitik
Da ist der SPD endlich ein großer Wurf gelungen. Das schulpolitische Reformpapier, das fünf Experten im Auftrag der sozialdemokratischen Fraktion vorgelegt haben, befindet sich auf der Höhe der Zeit. Auf die ideologischen Scheingefechte um Gesamtschule oder sechsklassige Grundschule lässt es sich gar nicht erst ein – um sich sogleich auf wirklich Wichtiges zu konzentrieren: Wie kann die Schule verantwortungsvoll mit der Lebenszeit der Schüler umgehen? Wie lässt sich die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss verringern? Wie können Sprachbarrieren abgebaut, Integration erleichtert werden?
Dass die Sozialdemokraten mit diesem Papier im Wahlkampf Punkte machen können, ist trotzdem höchst unwahrscheinlich. Schließlich hat die Partei in der zu Ende gehenden Legislaturperiode selbst die Schulsenatorin gestellt. Woher sollen die WählerInnen die Zuversicht nehmen, dass die Partei in den kommenden fünf Jahren unternimmt, was sie in den vergangenen vier Jahren unterließ?
Schon der Umstand, dass die SPD das einschlägige Senatsressort der gescheiterten Spitzenkandidaten Ingrid Stahmer als Versorgungsposten überließ, hat das Ansehen des Amtes ramponiert und an der bildungspolitischen Kompetenz der Partei ernste Zweifel geweckt. Drei Jahre lang haben die Traditionalisten in der Partei jede Reformdebatte erstickt. Die Senatorin, die sich in der eigenen Verwaltung nicht durchsetzen konnte, trat immer seltener in Erscheinung. Über Stahmers Entschlusslosigkeit konnten selbst ihre Mitstreiter am Ende nur noch den Kopf schütteln.
Erst angesichts des herannahenden Wahlkampfs entschloss sich die Parteispitze im Frühjahr zur Flucht nach vorn. Plötzlich forderte sie eine Verkürzung der Schulzeit auf zwölf Jahre, die Stahmer noch kurz zuvor als nicht umsetzbar abgelehnt hatte. Ein schulpolitisches Sommertheater um die Schließung von Gesamtschulen vergrößerte noch die Konfusion.
Es ist immer schön, wenn das Denken auch im Kopf von Politikern die Richtung wechseln kann. Besser wäre es, die SPD könnte nach vier Jahren sozialdemokratischer Schulpolitik auch auf Taten verweisen. Ralph Bollmann
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