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■ KommentarEin nützlicher Deutscher  Auslassungen bei der Totenfeier für Ignatz Bubis

Also doch noch, vier Wochen nach seinem Ableben, eine würdige Totenfeier unter Teilnahme der höchsten Staatsrepräsentanten für Ignatz Bubis. Eine republikanische Geste, mit der das Gemeinwesen einen verdienstvollen Bürger ehrt. Aber die gleiche politische Elite, die jetzt Bubis' Verdienste preist, ließ ihn allein, als er vergangenes Jahr seinen Kampf mit Martin Walser ausfocht. Im Oktober 1998 blieben nach der Brandrede des Friedenspreisträgers nur das Ehepaar Bubis und der Pastor Schorlemmer sitzen, der Rest der Versammlung in der Frankfurter Paulskirche, darunter auch Würdenträger, die an der gestrigen Totenfeier teilnahmen, bedachten den Schriftsteller mit stehenden Ovationen. Das war die Wunde, die Bubis geschlagen wurde. Erst als Konsequenz dieser Erfahrung sprach Bubis davon, im Verhältnis der Deutschen zu ihren jüdischen Mitbürgern fast nichts erreicht zu haben.

Auch gestern waren es nur die jüdischen Redner, die diesen Zusammenhang thematisierten. In den Ansprachen der deutschen Politiker hingegen wurde nur ein Grundmotiv variiert: Wir verstehen ja Bubis' Verbitterung, aber in Wirklichkeit hat er doch unvergleichlich viel bewirkt für die Verständigung zwischen jüdischen und nicht jüdischen Deutschen. Als ob es Bubis mit seiner resignativen Feststellung darauf angekommen wäre, Lobreden auf sein Haupt herabzubeschwören. Als ob er nicht auf den Zustand von Gesellschaft und Staat in Deutschland hätte aufmerksam machen wollen. In der gestrigen Rede des Bundeskanzlers finden sich zwar wohlgesetzte Worte über Bubis, den Demokraten, Aufklärer und Kämpfer für die Menschenrechte. Aber keine Spur davon, dass man ernst nehmen müsse, was er mit seinen bitteren letzten Worten eigentlich sagen wollte.

Was hilft es, wenn Schröder abstrakt auf den Zusammenhang zwischen Toleranz und Widerstand hinweist, aber gleichzeitig die aktuelle Virulenz von Ausländerhass und Antisemitismus ausblendet, wenn das Wort „Bürgermut“, für das Bubis in den Jahren seines Wirkens stand, einfach nicht fällt? Dafür aber ein weiteres Mal Lob für Bubis als Verteidiger der deutschen Demokratie gegenüber den notorischen Feinden in Washington und Israel. Für die Verteidigung „unseres“ guten Rufes im Ausland ist Bubis immer gut, auch als Toter. Christian Semler

Bericht Seite 6

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