■ Kommentar: SPD am Scheideweg
Die Parteiführung hat sie geopfert, die Delegierten haben sie beklatscht. Doch der Jubel an der Basis, der Annette Fugmann-Heesing beim SPD-Parteitag am Montag entgegenschlug, wird nicht lange vorhalten. Schließlich hat die geschasste Finanzsenatorin nicht nur Strieder, Böger und Co. die Leviten gelesen, sondern der gesamten Partei.
Bald schon könnten also wieder jene Genossen die Oberhand bekommen, die Fugmann-Heesing ohnehin attestieren, nicht diplomatisch zu agieren, ja sogar unpolitisch zu sein.
Doch die verletzten Funktionäre sollten ihre Larmoyanz zügeln. Denn mit Diplomatie ist der Berliner SPD nicht mehr zu helfen. Über die Zukunft der Partei entscheidet nicht die Koalitionsfrage, sondern die Fähigkeit, mit den lieb gewonnenen Ritualen und dem Primat des Postenschacherns zu brechen. Vor diese Alternative hat Fugmann-Heesing den Parteitag gestellt.
Doch Delegierte wie Parteiführung ließen diese Frage unbeantwortet. Selbst der neue Schulsenator Klaus Böger hat durch sein billigendes Schweigen zum Abgang der Finanzsenatorin das Image des Modernisierers verloren. Und den Ostteil der Stadt demütigten die Genossen, indem sie über die Qualifikation der Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler gar nicht erst debattierten.
Und wenn Strieder für mehr „Führung“ wirbt, verschleiert das deshalb nur das Fehlen jeder klaren politischen Linie. Gewiss: Eine Zwei-Mann-Show wie die CDU kann die SPD nicht durchziehen. Das wäre sogar zu begrüßen, würden die Sozialdemokraten nicht innerparteiliche Demokratie mit der Beharrungskraft orientierungsloser Funktionäre verwechseln. Die Genossen haben die Kassandra beklatscht, folgen werden sie ihr wohl nicht. Arme SPD. Ralph Bollmann/ Uwe Rada ‚/B‘Seite 20
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