Kommentar: Vor dem großen Knall
■ Warum Hamburgs CDU ihre eigene Zerrissenheit überwinden sollte
Das Thema ist noch lange nicht ausgestanden, bewältigt ist es ohnehin nicht. Auch in Hamburgs CDU wird der Kohl-Skandal noch für reichlich Sprengstoff sorgen. Der große Knall ist unvermeidlich.
Aufrichtig entsetzt stellte Ole von Beust seine Partei gestern öffentlich in Frage. Gleichzeitig ging Dirk Fischer zu Helmut Kohl. Während der Fraktionsvorsitzende den Säuberungsprozess vom „System Kohl“ einforderte, lauschte der Parteichef dem Altkanzler. Der Riss, der durch die Hamburger Union geht, lässt sich deutlicher nicht dokumentieren.
Die Hanse-CDU hat sich noch nicht einmal von ihrem eigenen Übervater empanzipiert. Das „System Echternach“, das auf Intrigen und Filz bestehende Erbe des langjährigen hiesigen CDU-Vorsitzenden, ist keineswegs überwunden. Echternachs prominentesten Ziehsöhne, Fischer und von Beust, ein ewig Gestriger der eine, ein moderner Konservativer der andere, werden der Machtprobe nicht mehr ausweichen können.
Von Beusts Versuch 1998, Fischer zu entmachten, endete mit einem Burgfrieden. Doch dieser hält nicht mehr. Zu dreist hat Fischer gestern die Reformkräfte in seiner Partei brüskiert. Mit Leuten seines Schlages ist jeder Versuch, die Glaubwürdigkeit der CDU wiederherzustellen, von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Wenn von Beust seine Worte ernst meint, hat er keine andere Wahl: Er muss jetzt die Entscheidung suchen. Und wenn Hamburgs Union es ebenfalls ernst meint, hat sie zu von Beust diesmal keine Alternative.
Sven-Michael Veit
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