Kommentar: Auf Bewährung ■ Deutsche Waffenexporte könnten restriktiver geregelt werden
Im Herbst letzten Jahres brachte ein einzelner Leopard-II-Panzer für die Türkei die rot-grüne Koalition an den Rand des Scheiterns. Im Kern ging es aber um weit mehr: Wie restriktiv ist die neue Regierung beim Rüstungsexport? Ist sie unglaubwürdig, weil sie trotz anderslautender Wahlversprechen Rüstungsexporte kaum anders handhabt als ihre Vorgängerin? Mit Mühe gelang ein Kompromiss: den Testpanzer liefern und die Rüstungsexport-Richtlinien überarbeiten.
Nun liegt das Ergebnis vor. Der politische Wille zu einer restriktiveren Rüstungsexport-Politik wird in den gestern verabschiedeten Richtlinien deutlich. Die Menschenrechtssituation und der Menschenrechtsstatus sind wichtiger geworden. Nachhaltige Entwicklung im Empfängerland wird als politisches Kriterium betrachtet. Deutsche Rüstungsexport-Politik soll „einen Beitrag“ zur „Gewaltprävention“ – die Wortwahl bezieht bewusst innerstaatliche und zwischenstaatliche Konflikte ein – „leisten“. Den Endverbleib deutscher Waffen muss künftig jeder Kunde bescheinigen. Wer Waffen ohne schriftliche Genehmigung der Bundesregierung weiterexportiert, muss mit einem Lieferstopp rechnen. Künftig sollen mehr Möglichkeiten geschaffen werden, auf Exporte von Partnerstaaten, mit denen Waffen koproduziert werden, Einfluss zu nehmen.
Doch die eigentliche Bewährungsprobe steht noch bevor. Erst die konkrete Exportpraxis wird zeigen, wie ernst es der Politik mit ihrer „Politik der Restriktivität“ ist. Deutlich wird dies etwa an den konkreten Weisungen zur Umsetzung der Richtlinien für das Bundesausfuhramt werden. Zum Schwur aber kommt es erneut auf der politischen Ebene. Auch künftig wird der Bundessicherheitsrat heikle Exportvorhaben entscheiden müssen. Zeigt sich dann, dass der Geist willig und das Papier geduldig war, das Fleisch aber weiter schwach ist? Sitzungen des Bundessicherheitsrates sind höchst geheim. Im Dunkeln lässt sich gut munkeln – und wie weit manche das Munkeln zu treiben belieben, das hat die verflossene Regierung Kohl auch am Beispiel „Rüstungsexporte und Parteispenden“ nur allzu deutlich gemacht. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Dieses Motto gilt auch in Zukunft. Ottfried Nassauer
Inland Seite 8
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