piwik no script img

KommentarFast wie nach Tarif

■ Warum ein Vertrag für die Rote Flora die Unabhängigkeit des Zentrums einschränkt

Der Hamburger Senat hegt in diesem Wahlkampfjahr das An-sinnen, dem automomen Stadtteilzentrum Rote Flora nach elf Jahren vertragsfreier Duldung einen Miet- und Nutzungsvertrag abzutrotzen. Damit könnte der rot-güne Senat kurz vor der Wahl sicherlich punkten und den CDU-Hardlinern den Wind aus den Segeln nehmen. Die betreiben schon jetzt Wahlkampf mit ihren populistischen Räumungsforderungen wegen des angeblich rechtsfreien Raums. Rechtssicherheit nennt man so etwas im Juristendeutsch.

Doch was der Senat gern den Rotfloristen als Angebot verkauft, um das umstrittene Projekt längerfristig auf festen Boden zu stellen, wäre in Wahrheit ein Rückschritt. Zugegeben mag eine rechtliche Absicherung auch Vorteile haben, vielleicht würde auch Geld wie das aus der Feuerkasse – das für die Sanierung gut zu gebrauchen wäre – problemlos fließen.

Aber es öffnet der Stadt auch Tür und Tor, durch Maßregelungen Einfluss auf die kulturelle und politische Arbeit des autonomen Zentrums zu nehmen oder eine Art Sippenhaft einzuführen. Die Erinnerungen an die Hafenstraße, wo für Vergehen Einzelner stets das ganze Projekt zur Verantwortung gezogen wurde, sind noch frisch.

Trotz aller Probleme, die die Selbstverwaltung manchmal mit sich bringt: die Rote Flora funktioniert und floriert unabhängig. Ihr einen Miet- und Nutzungsvertrag nach bürgerlichen Maßstäben überzustülpen, ist dasselbe, als würde man der taz einen Tarifvertrag abtrotzen. Nach solchen Kontraktabschlüssen würde es beide nicht mehr geben. Kai von Appen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen