Kommentar: Die Wellness-Partei
■ Warum Hamburgs SPD behauptet, aus ihrer Niederlage Lehren ziehen zu wollen
Dem historischen Ereignis folgten historische Worte. Fünf Tage nach der Vertreibung der Hamburger Sozialdemokraten aus dem Senat räumten diese zweierlei ein: Sie hätten viele Fehler gemacht und wollten da-raus Lehren ziehen, um zu neuem Leben zu erwachen. Fast revolutionäre Bekenntnisse der Partei, die ihre Regentschaft seit vier Jahrzehnten keinerlei Selbstzweifel mehr unterzogen hatte, deren Arroganz und Machtverliebtheit sprichwörtlich waren.
Eine Manöverkritik, die auch geradezu überlebensnotwendig ist für einen ehrgeizigen Parteichef und einen machtbewussten Bürgermeister, die schließlich die Hauptverantwortung für die Wahlniederlage tragen. Dass beide dem künftig regierenden Rechtsblock den Kampf ansagten, das sollte die Genossen zusammenschweißen, das sollte neue Identität verheißen, das sollte Linderung sozialdemokratischer Schmerzen versprechen.
Die Genesung wird trotzdem länger dauern, mit ein paar Besuchen im sozialdemokratischen Wellness-Studio dürfte es nicht getan sein. Denn das Personal soll dasselbe bleiben. Scholz und Runde hatten keine Mühe, die Partei auf ihre Oppositionsrolle einzuschwören. Das zeigt ers-tens, wie verbraucht die Regierungspartei SPD zuletzt war und dokumentiert zweitens den ungebrochenen Führungsanspruch der beiden. Ortwin Runde will in vier Jahren, vielleicht auch eher, wieder Bürgermeister werden.
Vorbei sind damit alle Spekulationen darüber, wer in der Bürgerschaft Fraktionschef der SPD und damit Oppositionsführer werden wird. An Runde kommt in der SPD niemand vorbei.
Sven-M. Veit/Peter Ahrens
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