Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.
Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?
Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.
Ich bin wirklich gespannt, ob der Tag noch kommt, wo über Sinn und Unsinn der deutschen Exportmanie mal gründlich diskutiert wird. Unsere Außenhandelsüberschüsse sind Umsätze, und zwar welche, die erstmal nur auf dem Papier stehen und von denen nie sicher ist, inwieweit sie jemals von irgend jemandem beglichen werden. Das ist zwar ein gutes Gefühl, ein Polster zu besitzen, das man künftigen Importen in eventuell schlechteren Zeiten gegenrechnen kann. Aber es ist nicht der Sinn von betriebswirtschaftlich optimierter Produktion, am Markt maximale Umsätze bei minimalen Kosten zu erzielen. Das erklärte Ziel aller privaten und auch staatlichen Unternehmertätigkeit ist die Maximierung des Gewinns und die mittelbare Teilhabe aller am Erfolg über die gezahlten Löhne, Sozialabgaben und Steuern. Davon kann in der heutigen Exporteuphorie keine Rede sein.
Es geht nicht um den Teilaspekt, niedrige Löhne im Exportektor, sondern um das gesamte Lohngefüge, das seit über 10 Jahren nach unten tendiert.
Exportartikel werden dadurch relativ billiger, Importartikel relativ teurer. Ein höheres Lohngefüge würde also den Importanteil steigern, und damit für ausglichenere Bilanzen sorgen.
Wenn wir weiter mit Lohndumping für extreme Exportüberschüsse sorgen, werden die deutschen Durchschnittsarbeitnehmer doppelt bezahlen. Ersatens durch die niedrigen Löhne und zweitens durch Wechselkursanpassungen, oder dort wo dieses nicht möglich ist, also im EURO-Raum entweder durch Ausgleichszahlungen für die Verlustländer, oder durch den Ruin der Währungsgemeinschaft.
@Ruffels
Seit Jahren hören wir, die deutsche Lohnkosten müssen gesenkt werden, damit Deutschland billiger produzieren kann und wettbewerbsfähiger wird. Jetzt wird von allen Seiten beklagt, dass genau dies passiert ist, und nun heißt es auf einmal, die Löhne spielten doch keine Rolle, sondern die Qualität. Also was nun?
Es sind übrigens nicht die Exporte an sich, die das Problem ausmachen, sondern die Überschüsse. Um die Überschüsse abzubauen, müssen die Exporte nicht gesenkt werden, denn eine Erhöhung der Importe würde es auch tun, und da spielen nicht nur die Löhne in den Branchen, die Sie genannt haben, eine Rolle, sondern alle Löhne.
Wenn Sie Recht haben, und die Niedriglohnpolitik nicht für deutsche Exporterfolge verantwortlich, dann haben Sie bestimmt nichts dagegen, diese Politik aufzugeben und für bessere Lohnentwicklung zu sorgen, damit die Importe steigen können. Richtig? Oder sind es doch die Löhne?
Aber unabhängig davon, ob die Löhne oder der Fleiß für die deutschen Überschüsse sind, bleibt die Frage am Ende des Beitrags entscheidend: Wenn alle dem Rat der Deutschen folgen, und den Gürtel enger schnallen, wer kauft dann die tollen deutschen Produkte? Welcher Planet soll das denn sein?
Protektionismus ist kein ungewöhnliches Geschehen. Die Handelsauseinandersetzungen zwischen Europa und den USA werden regelmäßig erbittert geführt. Diese Partner können sich wenigstens zur Wehr setzen in solchen Handelskriegen. Nicht so die armen Länder. In denen werden nur zum Beispiel nach erbitterter amerikanischer Intervention Medikamente ohne Vergünstigungen verkauft. Als es für die USA um ein Mittel gegen MIlzbrand ging, sah die Sache schon anders aus. Auf einmal bestanden die USA gegenüber der Leverkusener Firma Bayer auf Sonderkonditionen.
Die Kommentatorin scheint wirklich kein Ahnung zu haben. Welche deutsch. Produkte sind denn auf dem internationalen Markt gefragt? Das sind Produkte der Metall- und Elektroindustrie, der Chemieindustrie, des Anlagen- und Autombilbaus. Und warum? Weil die Produkte so billig sind? Selten so gelacht. Nein, aufgrund unseres techn. know-hows und der Qualität. Ich bin seit fast 20 Jahren im internationalen Vertrieb von Investionsgütern tätig und habe noch nie eine Anlage verkauft, weil sie so "billig" war, sondern immer nur über Technik, Produktivität und persönl. Kontakte. Und übrigens, die o.g Branchen zahlen noch immer die höchsten Löhne/Gehälter und Deutschland ist im interantionalen Vergleich immer noch ein Hochlohnland.
Das israelische Militär beschießt im Süden Libanons auch Stützpunkte der UN-Friedenstruppe Unifil. Diese meldet zwei Verletzte.
Kommentar zur Weltwirtschaft: Deutsche Nachhilfe unnötig
Mit einer radikalen Exportstrategie ist Deutschland rasch aus der Krise gekommen - und fordert gleichen Fleiß von der G20. Doch Deutschland braucht selbst Nachhilfe.
Vor Beginn des G20-Gipfels in Südkorea werfen sich die Regierungen der Industrie- und Schwellenländer gegenseitig Protektionismus vor. Der sieht aber nun nicht mehr aus wie früher, als Staaten durch hohe Zölle die Einfuhr ausländischer Waren behinderten. Heute versuchen Regierungen auf andere Weise, ihrer eigenen Industrie Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Sie halten ihre Währungen und damit die Exportpreise niedrig. Oder sie sorgen mithilfe niedriger Lohnkosten für unschlagbar günstige Preise.
Letzteres ist der deutsche Weg. Seit Kanzler Schröder wird hierzulande bewusst ein Niedriglohnsektor gepäppelt. Zeitarbeit, befristete Verträge und die Drohung mit dem rapiden Abstieg in Hartz IV haben dazu beigetragen, jegliche Forderung nach höherem Lohn im Keim zu ersticken. Die Folge war ein jahrelanges Schrumpfen der Reallöhne, also dessen, was nach Abzug der Inflation übrig bleibt. 2009 sanken die Löhne erstmals auch nominal auf breiter Front.
Der Wirtschaft war es recht. Während überall im Ausland Löhne und Kosten stiegen, konnten die deutschen Unternehmen ihre Waren zu Dumpingpreisen auf den Markt werfen. Die Regierung Chinas fährt die gleiche Strategie. Mit dem Unterschied, dass sie die Exportpreise nicht durch Lohn-, sondern durch Währungsdumping niedrig hält.
Nicola Liebert
Nicola Liebert beobachtet für die taz seit mehr als einem Jahrzehnt die globale Währungspolitik.
Die Bundesregierung aber unterscheidet feinsinnig: deutscher Überschuss gut, weil durch gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit begründet - chinesischer Überschuss ungut, weil mit unfairen Mitteln erzielt. Und die US-Politik, die sich nun ihrerseits mithilfe der Währungspolitik Vorteile zu verschaffen versucht, ist natürlich ganz verschwenderisch und damit böse.
Mit ihrer radikalen Exportstrategie auf dem Rücken der Lohnabhängigen ist die Bundesrepublik erstaunlich schnell aus der Krise gekommen. Das ist der Stolz der Regierung, die sich auch deshalb vehement gegen alle Forderungen wehrt, ihre inländische Nachfrage zu stärken. Sollen die anderen doch selbst erst mal so fleißig und sparsam sein wie wir, belehrt sie die G-20-Staaten. Doch braucht die Bundesregierung selbst Nachhilfe: Wenn alle den Gürtel enger schnallen und exportieren, wer kauft denn dann die ganzen Waren made in Germany?
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Nicola Liebert
Autor*in