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Kommentar zur Klage gegen AKW-LaufzeitenDie Abwägung des GAUs

Ingo Arzt
Kommentar von Ingo Arzt

Ein Gericht muss bewerten, was es mit der angeblichen Sicherheit der AKWs auf sich hat. Die Entscheidung könnte zeigen, dass die Atompolitik der Regierung ein Irrtum war.

D arf ein Staat seinen BürgerInnen das Risiko eines nuklearen Mega-Unfalls zumuten? Der Zehntausende das Leben kosten könnte und ganze Landstriche unbewohnbar machen würde? Wie hoch darf die Wahrscheinlichkeit dessen sein, bevor er das grundlegende Recht seiner BürgerInnen auf Leben verletzt? Eins zu tausend? Eins zu einer Million?

Das Bundesverfassungsgericht muss diese Frage nun erörtern, das ist der spannende Teil der Klage von SPD und Grünen. Sie haben damit die richtige Frage gestellt, jenseits aller sonstigen Diskussionen um die Kernkraft - dass sie sehr wohl den Ausbau regenerativer Energie behindert, auf Jahrtausende ein Müllproblem hinterlässt. Die andere zu klärende Frage, ob der Bundesrat bei der Laufzeitverlängerung hätte zustimmen müssen, ist letzten Endes das Vehikel für die große Grundsatzfrage dahinter.

Diese ist nun zum Glück herausgelöst aus den politischen Schlachten in diesem Jahr. Regierung und Opposition müssen sich nun in ihre Gräben zurückziehen, ihre Parteien emotional mitreißen, sie sind zu einer sachlichen Diskussion kaum mehr in der Lage. Zwar kann auch das Gericht den BürgerInnen die Frage, ob sie das Risiko akzeptieren wollen, nicht abnehmen. Die Proteste werden kaum abreißen und Castoren ungehindert durchs Land rollen. Aber es hat die Chance, aufzuzeigen, ob der Staat den Schutz seiner Bürger ernst nimmt.

Bild: taz

INGO ARZT ist Redakteur im Wirtschafts- und Umweltressort der taz.

Dabei geht es auch darum, zu bewerten, was es mit den Beteuerungen über die angebliche Sicherheit der AKWs auf sich hat: Dass es die nicht zu 100 Prozent gibt, liegt auf der Hand. Sollte das Gericht zu dem naheliegenden Schluss kommen, dass ein noch so geringes Risiko einer Superkatastrophe ausreicht, eine Technologie ad acta zu legen, wäre das auch ein Eingeständnis, dass die Atompolitik der Bundesrepublik ein kolossaler Irrtum war. Und nebenbei können die Atomkonzerne bis zur Entscheidung nur Däumchen drehen - ihre Lobbymaschine hat Einfluss auf die schwarz-gelbe Koalition, nicht aber auf die Richter.

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Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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5 Kommentare

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  • V
    vic

    Abgesehen von Atomtechnologie, Begleit- und Folgeerscheinungen.

    Die jetzt klagen, haben den dezeitigen Zustand mittels ihrer Politik als Regierungsparteien erst ermöglicht und zementiert, indem sie niemals ein definitives Ausstiegsdatum festlegten, sondern eine schwammmige maximale Strommenge.

    Und die kann jeder KOnzern manipulieren wie er`s gerade braucht.

    Trotz allem. Karlsruhe kann diese Frage nur mit nein beantworten.

    Alles andere ist Beihilfe zu fahrlässiger Körperverletzung.

  • J
    Johannes

    Lieber Ingo,

    wieviel Risiko mutest Du Dir selbst zu in deinem Leben zu? Beim Fahrradfahren, beim Wandern, beim Essen, beim Nicht-bewegen, beim Sich-bewegen? Das Leben ist eine Krankheit die immer tötlich endet!(hat glaube ich Sir Peter Ustinov mal gesagt, man muss ja mit Zitaten bei den angeblichen Journalisten in diesem Land vorsichtig sein)

    Wie sieht es mit anderen Industrien aus? Werden große Chemiebetriebe (Bayer, BASF) genauso bewertet was die Terrorsicherheit angeht, die GAU-Wahrscheinlichkeit? Jedem in diesem Land kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Flugzeug auf den Kopf fallen? Wird die Fliegerei bald verboten werden müssen?

    Ich weiß als TAZ-Umweltredakteur muss man naturgemäß gegen die Kernenergie sein, ein TAZ-Umweltredakteur hat naturgemäß ja auch keine Ahnung von der Technik gegen die er da agitiert!

  • V
    vic

    Ob man der Bevölkerung einen nuklearen (Mega)Unfall zumuten kann?

    Gibt es denn wirklich Ermessensspielraum bei der Beantwortung dieser Frage?

  • T
    tystie

    "Darf ein Staat seinen BürgerInnen das Risiko eines nuklearen Mega-Unfalls zumuten?"

     

    Wenn wir es weniger esoterisch betrachten, heißt die Frage: Darf eine Bundesregierung in Deutschland den BürgerInnen das Riskio einen GAU zumuten? Oder auch nur ständiges Siechtum aus 'normalem' Betrieb, was wir ja ständig unterschlagen!

     

    Antwort: Bisher gab es keine Bundesregierung, die das anders sah. Damit haben sie alle jemals vorhandenen totalitären Herrscher in dieser Weltgegend in den Schatten gestellt, die überhaupt nicht in der Lage waren, solchen Schaden zu provozieren.

     

    Dr. SPD und Dr. Grüne: Unglaubwürdige HEUCHLER!

     

    Und alle gehen damit so um, als ginge es um ein abstraktes Problem. Wie die Klimaerwärmung, die Ölknappheit, Hartz IV für die Anderen. Wenn diese Rechnung aufgeht, kommen wir mit allem durch.

     

    Und da sind Leute wirklich bereit, einen HANDVOLL Leute diese Frage für sich entscheiden zu lassen -nach Gutdünken und juristischer Kaffeesatzleserei.

    Erbärmlicher gehts nicht! Maximale Unselbstständigkeit!

  • P
    pablo

    Über die Berichte/Artikel in TV- und Printmedien werden auch Richter nachweislich beeinflusst. Wie groß dieser Einfluss beim jeweiligen RichterIn und/oder Fall ist, liegt bei ihm/ihr selbst....