Kommentar zur Cum-Ex-Anklage: Die politische Aufarbeitung fehlt
Rund 16 Milliarden Euro kosteten die Cum-Ex-Geschäfte den deutschen Staat. Jetzt wurde Anklage erhoben – doch politische Konsequenzen fehlen.
W as gut gemachte Oppositionsarbeit im Parlament leisten kann, bewiesen in den vergangenen Jahren die Grünen und die Linkspartei. Gemeinsam setzten sie einen Untersuchungsausschuss zu einer groß angelegten Steuerhinterziehung durch, die den deutschen Staat bis zu 16 Milliarden Euro gekostet hatte. Die beiden Fraktionen trugen dazu bei, die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte aus der Versenkung hervorzuholen.
Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main in diesem Zuge erstmals Anklage gegen einen Anwalt und Aktienhändler der Hypo-Vereinsbank erhoben. Die juristische Aufarbeitung kommt voran – wenngleich das Landgericht Wiesbaden noch entscheiden muss, ob es die Klage zulässt. Die finanziellen Verfahren sind ohnehin schon im Gange. Finanzämter fordern Hunderte Millionen Euro aus den mutmaßlich illegalen Steuergeschäften zurück.
An politischen Konsequenzen fehlt es dagegen bisher. Die Große Koalition aus Union und SPD erklärte zum Abschluss des Untersuchungsausschusses, sie habe keine Fehler gemacht. Deshalb müsse man auch nichts ändern. Diese Haltung ist taktisch verständlich, sachlich aber falsch – ging es den Regierungsparteien vor der Bundestagswahl doch vornehmlich darum, ihre Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU) aus der Schusslinie zu bringen. Eine strengere Überprüfung der Branche durch die Finanzaufsicht Bafin, ein Gesetz zum Schutz von Informanten aus der Wirtschaft? Fehlanzeige – solche Maßnahmen wurden bislang nicht ergriffen.
Ob die Aussichten dafür unter der neuen Bundesregierung besser werden, darf man bezweifeln. Das Interesse der Union hat sich nicht geändert, und die FDP hält von Regulierung der Wirtschaft traditionell nicht viel.
Können sich die Grünen gegen diese Front durchsetzen? Am Beispiel Cum-Ex wird sich zeigen, ob die Jamaika-Koalition bereit ist, die politisch-ökonomische Vetternwirtschaft zwischen Union, FDP und Wirtschaftsinteressen infrage zu stellen.
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