Kommentar zur CDU-Abstimmung: Henkel trickst die Partei aus
Klare Ansage? Fehlanzeige. Mit der Abstimmung über die Homo-Ehe versucht der Innensenator und Parteichef, den drohenden Imageschaden zu mindern.
K ommt er demnächst mit 99 Luftballons? Mit ein bisschen Frieden wie Nicole? Oder mit ein bisschen Homo-Ehe – oder doch nicht so viel? Gestern hat der Landesverband der Berliner CDU, dem Innensenator Henkel als Landesvorsitzender vorsteht, die Regeln für das Mitgliedervotum zur Homo-Ehe vorgestellt. Sie sind ein Offenbarungseid.
In der Falle
Natürlich sitzen Henkel und seine CDU in der Falle. Sollten sich die 12.400 Mitglieder für die Homo-Ehe aussprechen, würde sich viele Wähler fragen, warum Henkel wegen dieser Frage die Koalition mit der SPD aufs Spiel setzen wollte. Wäre die Mehrheit aber gegen eine Öffnung der Ehe, stünde die CDU da, wo Henkel eigentlich nicht stehen will: ein ewiggestriger Haufen, der so gar nichts gemein hat mit einer liberalen Großstadtpartei.
Henkel hat sich nun dafür entschieden, der Falle auf die billigstmögliche Weise zu entgehen. Neben einem Votum pro oder contra Homo-Ehe können die Christdemokraten auch mit „eher ja“, „eher nein“ oder „teils, teils“ stimmen. Die Absicht, die dahintersteckt, ist klar. Wenn zum Beispiel 40 Prozent für die Homo-Ehe sind, aber 30 Prozent dagegen und 15 Prozent „eher“ dagegen, kann Henkel gut und gerne behaupten, die Mehrheit sei tendenziell dafür, die Ehe auch weiterhin für Mann und Frau zu reservieren. So drückt man sich um klare Ergebnisse herum.
Mit diesem Votum wird der Koalitionsstreit zwischen SPD und CDU nicht zu Ende sein, sondern in die nächste Runde gehen. Und in Zukunft muss sich Henkel die Frage gefallen lassen, ob er denn das Bettelverbot für Kinder eher umsetzen lassen will oder eher nicht. Oder eben teils, teils.
Und dann ist da ja die Frage, wie lange Rot-Schwarz noch hält. Eher teils oder eher nicht?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“