Kommentar zum Wahlkampf in Hessen: Die CDU wirft mit Schlamm
Die Aufarbeitung pädophiler Strömungen bei den frühen Grünen ist eine Steilvorlage für die CDU. Dennoch bleibt im Landtagswahlkampf eine gemeinsame Koalition möglich.
D ie Grünen haben ein Problem. Mit pädophilen Strömungen, die in der Frühphase der Partei nicht ohne Einfluss auf ihren politischen Kurs gewesen sind. Und mehr noch mit ihrer zögerlichen Art, sich dieser Vergangenheit zu stellen.
Taktisch mag es ein verspäteter, aber doch vernünftiger Zug gewesen sein, den Göttinger Parteienforscher Klaus Walter mit der Aufarbeitung der Vergangenheit zu beauftragen. Auch hat sich die Parteispitze längst und mehrfach von den „unsäglichen“ und „inakzeptablen“ Vorgängen distanziert. Selbst Exsponti Daniel Cohn-Bendit will seine berüchtigten Äußerungen über das „wahnsinnig erotische Spiel“ mit fünfjährigen Mädchen heute gerne als „Provokation“ verstanden wissen. Strategisch kommen aber alle diese Manöver zu spät. Sie hätten, genau genommen, auch niemals früh genug kommen können.
Es ist Wahlkampf, und der politische Gegner wäre kein Gegner, wenn er die offene Flanke der Grünen nicht ausnutzen würde. In Baden-Württemberg ist die CDU bereits in die Offensive gegangen, in Hessen übernahm am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden der Abgeordnete Ralf-Norbert Bartelt die Rolle der Umwälzpumpe für Schmutz. Dabei referierte der Vorsitzende des sozialpolitischen Arbeitskreises nur Altbekanntes aus der Presse. Neu war allein der Hinweis, die „sofortige Aufklärung“ sei von einem Klaus Walter nicht zu leisten – denn dieser ist Mitglied der SPD, mit der die Grünen nach der Wahl eine Regierung bilden wollen.
ist taz-Korrespondent in Hessen.
Erst vor drei Tagen hatte Ministerpräsident Volker Bouffier mit Blick auf seinen schwächelnden Koalitionspartner FDP ein Hintertürchen geöffnet und erklärt, er würde notfalls auch mit den Grünen regieren. Was die moralische Empörung der CDU über die Sünden der Grünen als das entlarvt, was sie ist – ein knallhartes Kalkül auf Kosten der Opfer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers