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Kommentar zum Kopftuchurteil des EuGHDas Recht auf Religionsfreiheit

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Unternehmen dürfen nach einem Urteil des EuGH künftig das Tragen eines Kopftuchs verbieten. Es ist ein Urteil für Religionsneutralität.

Religion ist Privatsache Foto: dpa

E s ist weder ein Antikopftuchurteil noch eines gegen kopftuchtragende Musliminnen, sondern ein Urteil für Religionsneutralität: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat entschieden, dass Unternehmen das Tragen eines Kopftuchs verbieten dürfen, wenn auch andere religiöse Symbole nicht erlaubt sind.

Damit folgt das Gericht der Auffassung, dass Religion Privatsache sei – und das ist vollkommen legitim. Anders wäre es, ein Kopftuch zu verbieten, weil sich möglicherweise ein Kunde von einer kopftuchtragenden Mitarbeiterin nicht bedienen lassen möchte. In dem Fall handelte es sich eindeutig um Diskriminierung.

Jeder Mensch darf glauben, woran er möchte: an Gott, Götter, Geister oder Horoskope. Es gibt aber durchaus Lebensbereiche sowie öffentliche Einrichtungen, die religionsfrei sein sollten. Dazu können Bildungseinrichtungen, Gerichte, Parlamente gehören. Sie haben die Aufgabe, so weit es geht neutral zu bilden, zu vermitteln, zu entscheiden.

Staatliche, nicht explizit religiös ausgerichtete Kitas und Schulen beispielsweise sollten auf religiöse Symbole verzichten. Das heißt nicht, dass die MitarbeiterInnen dort AtheistInnen sein müssen. Es bedeutet auch nicht, dass Religion in der Schule keine Rolle spielen darf.

Im Gegenteil, als Schulfach, das Wissen über verschiedene Weltanschauungen vermittelt, ist es wichtig für die Verständigung untereinander. Das heißt ebenso wenig, dass beispielsweise Musliminnen ihr Glaube untersagt würde und sie gezwungen wären, im Unterricht das Kopftuch abzulegen. Es geht ausschließlich um eine neutrale Wertevermittlung.

Wer seine Kinder religiös erziehen oder wer in einem religiösen Umfeld arbeiten möchte, kann dies weiterhin ungehindert tun. So wie Gläubige natürlich in auch religionsfreien Firmen arbeiten dürfen. Ebenso sollten Unternehmen in ihren Räumen das Nebeneinander religiöser Symbole gestatten oder eben verbieten dürfen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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29 Kommentare

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  • Für mich ist dieses Urteil kein Urteil für Religionsneutralität sondern ein Urteil gegen die Religionsfreiheit hierzulande. Neutralität würde bedeuten, dass sich Schulen, Firmen oder andere Einrichtungen NEUTRAL eingestellt sind und weder die eine oder die andere Weltanschauung befürworten. Angestellte haben jedoch per Gesetz das Recht ihre Religion frei ausüben zu dürfen. Und jetzt mal ganz ehrlich - stört es euch wirklich, wenn ihr mit einer Frau mit Kopftuch in Kontakt kommt? Wichtig ist doch, dass sie ihren Job richtig macht. Ist mir doch auch egal, ob jemand ein Kreuz umhängen hat oder ein Anti-Atomkraft-T-Shirt trägt. Jedem das seine, und das Aussehen ist doch sekundär.

    • @sunny:

      Die Frage ist doch genau andersrum: Soll sich jemand Bekleidungsregeln bei der Arbeit dadurch entziehen können, dass er sich auf die Religionsfreiheit beruft und dann etwas darf, was andere nicht dürfen? Also: Der Arbeitgeber sagt "Es sind im Kundenverkehr keine Kopfbedeckungen zu tragen, das gilt für alle" und jemand sagt "Ich bin Muslima und muss deswegen ein Kopftuch tragen".

       

      Wobei ich das mit dem Kopftuch auch für Hysterie halte. Vollverschleierung ist etwas anderes, aber ein Kopftuch ist auch nur mehr als eine Pudelmütze, wenn man es dazu aufpumpt. Aber auch da wieder sollte Religion keine Privilegien schaffen.

    • @sunny:

      Sie irren. Am Arbeitsplatz war und ist das Grundrecht auf Religionsfreiheit schon immer hinsichtlich der praktischen Ausübung eingeschränkt gewesen (sei es durch Bekleidungsvorschriften, mangelnde Gebetsmöglichkeiten etc.). Und JA, mich persönlich stören religiöse Symbole jeglicher Art an meinen Kollegen ungemein. Daher bin ich froh in einem Betrieb zu arbeiten, der schon immer darauf Wert gelegt hat, dass seine Angestellten ihre religiösen und/oder politischen Überzeugungen für sich behalten - auch durch Zurückhaltung bei entsprechenden Symbolen.

  • "Aus dem Kopftuch generell auf eine bestimmte Gesinnung zu schließen, ist sachfremd."

     

    ??? Gesinnung: Eine anständige Frau bedeckt ihre Haare.

  • Sachlicher und aufgeräumter Artikel.

    Volle Zustimmung!

  • Der Sinn dieses Konstrukts (Kopftuchverbot möglich, wenn 1. betriebsinternes Neutralitätsgebot und 2. Kundenkontakt der Betroffenen) will sich mir nicht erschließen. Aus dem Kopftuch generell auf eine bestimmte Gesinnung zu schließen, ist sachfremd. Die Neutralität ist erst dann verletzt, wenn die KollegInnEn Kunden zu missionieren versuchen. Das geht aber auch ohne Kopftuch, Kreuz oder Christenfisch auf der Aktentasche.

    • @Kunz:

      Aber an einem Tuch kann man sich doch viel leichter abarbeiten...!!

       

      Darüber hinaus wird so schnell vergessen, dass man dem NSU wohl kaum von aussen ansah, was für menschenverachtendes und mordendes P*ck das war/ist.

       

      Tatsache ist: ich kann einem Menschen von aussen nicht ansehen, was er denkt. Wer glaubt, mit diversen Verboten mehr Sicherheit herzustellen (Kunde ist verunsichert, also weg mit dem Kopftuch) irrt - auf Kosten der Frauen.

  • Das glaubt doch kein Mensch.

     

    Als ob die Diakonie oder die Caritas KopftüchträgerInnen einstellen würden bzw Ordensmitgliedern auch ihre Ordenstracht verbieten würden oder die Kreuze abnehmen würden in ihren Einrichtungen (die ja meistens zu über 90% staatsfinanziert sind).

     

    Da gilt das Neutralitätsgesetz nach wie vor nicht. wie mir meine 30jährige Berufserfahrung in kirchlichen Einrichtungen sagt. Die armen ErzieherInnen oder HeilpädagogInnen, die nicht in der Kirche sind, können direkt nach ihrer Ausbildung schon mal Hartz IV beantragen.

    • @Age Krüger:

      Die Kirche muss sich nach wie vor in großen Teilen nicht ans Arbeitsrecht halten. Zwar ist diese Ausnahme antagonistisch breit, doch in diesem Fall prinzipiell durchaus ok. Wer für eine Glaubensgemeinschaft arbeitet, muss zu dieser stehen. So wird auch ein islamischer Verein vermutlich Frauen nicht einstellen, die kein Kopftuch tragen. Auch eine Nonne wird nicht lange Nonne bleiben, wenn sie kein Kopftuch tragen möchte.

      Problematisch ist das aber dort, wo die Religion in der Berufsausübung keine Rolle spielt und die Finanzierung vom Staat kommt.

    • @Age Krüger:

      Schonn - aber AWO & Freie

      Zahlen schonn mehr als Hartz IV -

      I hope.

       

      Nu. Das sind die Mühen des Rechtsstaates.

      non magis quam postulavit

      Nicht mehr als beantragt

      kurz - in diesem Motor der EU

      Sitzen schon ganz fitte Kappen!

      • @Lowandorder:

        Richtig. Die AWO zahlt ordentlich. Weiß ich aus überregionaler ehrenamtlicher Mitarbeit.

      • @Lowandorder:

        Schon, nur gibt es auf dem Land kaum Kindergärten von freien Trägern, die sind fast alle in kirchlicher Hand. Ein ländlicher Atheist muss also schon für seinen Arbeitsplatz dann u.U. einen Ortswechsel im Kauf nehmen.

        In der Behindertenhilfe gibt es als freien Träger eigentlich nur die Lebenshilfe, die aber natürlich nicht auf die Vermögen zurückgreifen kann, die die Kirchen besitzen. D.h., dass einige Priviligien, die man als Mitarbeiter von kirchlichen Einrichtungen hat (Zusatzversorgung oder die Diakonie zahlt z.B. immer noch am 15. statt Ultimo ihr Gehalt aus). nur dann in den Genuß kommt, wenn man eben in einer christlichen Kirche ist.

        Und das Angebot ist dann natürlich auch viel kleiner für diese Menschen.

         

        Gerecht ist das nicht.

        • @Age Krüger:

          Klar - es ist ein Kreuz! &

          Wie in der Politik auch -

          Wer's trägt - Segnet sich selbst zuerst!

           

          So einen Cari-SchlimmenFingerpräsi

          Als PräsiKollegen - schickt seinen

          Herrn SohnBankangestellten zum Ausspionieren!*

          Fritz Eckengas via Camillo Felgen -

          Läßt schwer - Grüßen!

          Aber Hallo!

          (* Gute Gelegenheit den - öh

          Kollegen wieder in die Tischkante

          Beißen zu lassen! Aber gern!

          Tuch? Nö - lag keins drauf - wa!)

  • Im Grunde ist das Kopftuch eher unwichtig, viel wichtiger ist die Bekämpfung und das Verbot radikaler Organisationen. Die türkische Ditib sollte genauso verboten werden wie Scientology.

  • und dann sollen sie vom hartz4 leben oder wie?

    Dann sollen Sie sich nicht beschweren, von wegen sie leben von unseren Steuern!

  • Für Muslime wird das Leben in Europa immer und immer erschwert.

    Der Artikel ist wirklich lächerlich.

    Der Verfasser schreibt: "Es ist weder ein Antikopftuchurteil noch eines gegen kopftuchtragende Musliminnen, sondern ein Urteil für Religionsneutralität".

    Wenn so ein Urteil in den Golfstaaten erlassen wird. Damit wird doch gemeint: He Ihr Arbeitgeber schickt Christen oder Ungläubigen in die Arbeitslosigkeit". Das Urteil ist wie eine Waffe, die man in den Händen der Arbeitgeber stellt und sagt: hier bitte schön Ihr habt das Recht allen zu erschießen"

    Schade für das Ende der Menschenrechte, Schade für eine der 19 Bausteine (Artikeln) der deutschen Verfassung. Nur damit konnte Deutschland werden was es heute geworden ist.

    Es ist der Anfang vom Ende Europas.

    • @Sara:

      "Der Verfasser" ist eine Verfasserin.

       

      Man kann sicherlich geteilter Meinung über den Artikel sein, deshalb den Untergang Europas zu beschwören klingt in meinen Ohren sehr albern.

    • @Sara:

      Für Muslime? Zum Glück dürften die meisten Muslime in Europa der Auffassung sein, dass das Kopftuch nicht verpflichtend zu ihrer Religionsausübung gehört. Allerdings wird für diese breite Masse muslimischer Frauen das Leben zunehmend erschwert durch die Ausbreitung islamistischer und konservativ-autoritärer Interpretationen des Islams, nach denen eine "anständige" Frau das Kopftuch zu tragen hat, ansonsten muss sie mit Verachtung rechnen.

  • Wie immer ist die Unterscheidung die, ob Menschen die Gesetze machen sollen, nach denen sie zusammenleben oder ob Gott oder das Schicksal oder sonstwas sie für alle bereits gemacht hat.

     

    Das ist letztlich der Unterschied zwischen Progressiven ("wir sind auf dem Weg und müssen ihn immer weiter suchen") und Konservativen ("wir wissen das schon und so soll es immer bleiben"). Dieses Urteil hat immerhin festgelegt, dass das Sache von Übereinkunft ist. Also: Vernünftig.

  • Ein gutes Urteil ! Preiset den HERRN.

     

    "Gibt dem Kaiser was des Kaisers ist." Jesus (Markus 12.17)

    "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen" Petrus (Apostelgeschichte 5.29) Das wird immer der Zwiespalt sein.

    lulu Schlawiner (schlawiner 0815)

  • 3G
    36855 (Profil gelöscht)

    Endlich! Ein klares und wahres Urteil und ein sehr guter Kommentar dazu!

  • Gut so!

     

    Diese Heuchelei...

  • Buuh! Dann aber auch Markenemblems (zB bei Applegeräte) und andere Symbole der kapitalistischen Ersatzreligionen verbieten!

    • @Marie Helgert:

      Das können Sie in ihrer Firm handhaben wie sie wollen.

       

      Und: Die Religion Apple ist inklusiv für alle Völker, Geschlechter und sexuellen Orientierungen und verlangt bis auf relativ geringfügige und freiwillige Geldopfer keinerlei Zugeständnisse. ;-)

    • @Marie Helgert:

      Das ist sicherlich auch erlaubt. Aber solche Symbole verbietet vermutlich eben kein Unternehmen in dem Stil, der Ihnen möglicherweise vorschwebt.

       

      Vorstellbar ist, dass etwa eine Microsoft-Niederlassung nicht will, dass Mitarbeiter während der Arbeitszeit mit Apple-Produkten gesehen werden.

      • @user21617:

        Na - das - sitzt ja noch a weng mehr über Bande. Daß seit geraumer Zeit - sehr zum Ärger der echten Apple-Nerds - da der campatibi-Durchgriff möglich gemacht ist - ist dem Apple-only-Duktus der Manager geschuldet -

        Die aber doch gerne wissen können wollen - was da diese unterfertigten Domestiken so auf ihren pc's treiben!

        Daß all that stuff - Opium fürs Volk is -

        Sodrum wird da dann doch nochn

        Schuh draus - ohne Tuch!

  • Ein gutes Urteil ! Endlich.

    • @Pink:

      Was genau stört dich denn an einem Kopftuch?

      (Versuche eure Sichtweise zu verstehen)

      • @Büsra Günel:

        Bin für Religionsfreiheit in einem säkularen Staat. Gerichtssäle, Schulen, KiTa's etc. sind kreuzungsfrei zu halten. Das Üble ist neben dem Kreuz auch, dass hie und da ein Mensch dranhängt. Pfui ! Mittelalterlich.

        Die Kopftuch-Religiosität lehne ich genau so ab werte Bürsa. Ich kenne sehr viele Frauen, die brauchen kein Kopftuch. Wichtig ist, dass hüben wie drüben zwischen den Ohren nicht nur Nahrung aufgenommen wird.

        Bin sehr viel rumgekommen auf der Welt und weiß, wie gerade Frauen manipuliert werden können. Iss' leider so.