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Kommentar zum G7-GipfelSchmierentheater im Schlosshotel

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

In Elmau wird aus der demokratischen Repräsentation eine kitschige Scheinwelt. Sie zeigt, wie ein wichtiges Prinzip missverstanden wird.

Hässliche Züge: Protest gegen die kitschige Scheinwelt von Elmau. Foto: ap

E s werden Militante kommen, sie werden wüten. Glaubt man der Bundesregierung, dann ist für die kommenden Tage die Auferstehung des gewalttätigen Linksextremismus zu erwarten. Friedliche Demonstranten, das schwingt drohend mit, mögen sich zum eigenen Besten lieber fernhalten von den G-7-Protesten.

Woher der an die Wand gemalte Zorn allerdings rühren könnte, sagt die Bundesregierung nicht. In einer Demokratie muss man mit Begriffen wie Staatspropaganda vorsichtig umgehen – doch dass in den letzten Wochen alles dafür getan wurde, um diesen Begriff ins Recht zu setzen, ist klar: Was in Elmau repräsentiert werden soll, ist auch eine Form von Extremismus.

Repräsentation ist, politikwissenschaftlich betrachtet, die rechtlich autorisierte Ausübung von Herrschaftsfunktionen. Demokratisch gewählte Staats- und Regierungschefs vertreten die Interessen des Volkes. In Elmau zeigt sich, was passiert, wenn diese gute Idee missverstanden wird. Seit Langem wird rund um den Gipfel mehr über das erhofft gute Wetter geredet als über den prekären Zustand der Welt. Wenn die Politiker zu Gast in Deutschland sind, sollen sie in einer sonnendurchfluteten Märchenwelt empfangen werden.

Dabei ist es nicht verwerflich, dass man für den US-Präsidenten eine bayerische Brotzeit inklusive Trachtlern und Blasmusik auffahren lässt. Grenzwertig wird es, wo für schöne Bilder dreistellige Millionenbeträge investiert werden. In Elmau soll die Illusion einer Welt entstehen, deren Geschicke die Anwesenden fest in der Hand haben. Die multiplen geopolitischen Krisen benötigen aber etwas anderes als die Vortäuschung falscher Tatsachen.

Bis zu 5.000 Reporter werden Kilometer vom Tagungsort entfernt in einer Halle sitzen, in der die Bundesregierung Mehrfachsteckdosen verlegt hat. 100 Bereitschaftsrichter, Seite an Seite mit der Polizei, werden massiv gegen Demonstranten durchgreifen. Dabei sind diese die Einzigen, die am Wochenende in der Lage sind, Brüche sichtbar zu machen. Es ist ein Dilemma: Wenn ihre Repräsentanten den Bürgern eine gefährlich verkitschte Scheinwelt vorsetzen, dann wird der Protest gegen dieses Schmierentheater wohl auch hässliche Züge haben.

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Martin Kaul
Reporter
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7 Kommentare

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  • Hinter Stacheldrahtverhauen

    aufgewachsen und geprägt

    muss Frau Merkel immer schauen,

    ob sich Widerstand noch regt.

     

    „Zwo, drei, vier:

    „Moschendroahtzaun…

    Moschendroahtzaun…

    Moschendroahtzaun..“

     

    Seht, bald tagt ein Kreis von "Riesen",

    der sich selbst „G7“ nennt,

    auf Schloss Elmau. Bayerns Wiesen,

    werden kunstvoll abgetrennt.

     

    Man setzt viele Kilometer

    Zaun, damit kein Übeltäter

    Merkel nahe kommen kann.

    Raab stimmt an:

     

    „Moschendroahtzaun…

    Moschendroahtzaun…

    Moschendroahtzaun…“

     

    Und die Frauen und die Männer,

    die dort tagen, stimmen ein.

    Und als Background jodeln Senner.

    Lieber Herr Gesangsverein!

     

    Ist die große Show zu Ende

    und das letzte Glas geleert,

    ist wieder Ruh in dem Gelände

    und der Merkel-Ruhm gemehrt.

     

    „Moschendroahtzaun…

    Moschendroahtzaun…

    Moschendroahtzaun..“

  • Es könnte auch sein, das die Münchner

    Nazi-Guillotine schon für besonders erschwerte Fälle bereit steht,

    die Münchner Waffenschmiede "Krauss Maffei" Ihre Paradepanzer für Werbezwecke zur Verfügung stellt und bei Bedarf eingesetzt werden.

    Nach dem Motto

    "Wir sind ein Freistaat"

    "Mir san Mir"

    "Do samma mia dahoam"

    und außerdem, was geht uns "elitäre Bayern" das dämliche Grundgesetz an.

  • Die sieben Blatter-Zwerge auf dem Weg hinter die Blatter-Berge. Fehlt nur noch Schneewittchen und jemand, der es küßt. Wer ist der (unerwünschte) Prinz?

  • Das liest sich an wie Parlaments putsch, in der Sache BND Offenlegung der Daten über Berichterstattung zur NSA Affäre. Das Parlament wegert sich. Ich bin gespannt wann dieses Regime die Katze aus dem Sack lässt.

    Deutschland hat es wieder mal geschafft das denkende Volk handlungsunfähig zu machen. Die Diktatur der Dummen hat wieder gewonnen.

  • Irgendwie hört sich "Bereitsschaftsrichter" nach Volksgerichtshof an.....Soll die Justiz da politisch motiviert genutzt werden?

    • 3G
      3784 (Profil gelöscht)
      @Jean Noire:

      Kein Volksgerichtshof, denn dieses entbehrte des Instanzenzuges, aber ein fliegendes Standgericht. Es ist davon zu lesen, dass linientreue Richter mit passendem Parteibuch zur Verstärkung angekarrt wurden, und in einer eigens hochgezogenen temporären Lokation Polizei, Staatsanwälte und Richter Tür an Tür sitzen.

  • ?

     

    Die "Militanten" sind doch schon da?

     

    Wobei die übelsten Extremisten auch schon hinter dem Zaun gesehen worden sein sollen. Nur ist das Hotel als Knast ein bischen sehr gehobene Kategorie.