Kommentar zu WLAN-Pläne von Senat: Zu schön, um wahr zu sein
Tolle Idee, aber unrealistisch. Einen kostenlosen Internetzugang kann sich der Senat nicht leisten. Wer sich allerdings ein mobiles Internetgerät leisten kann, der soll auch selbst für den Onlinezugang über das Handynetz bezahlen.
Freies Internet für die ganze Stadt - das hört sich schön an. Doch ein tragbares Geschäftsmodell für einen privaten Investor ist nicht in Sicht. Um ein flächendeckendes Netz aufzubauen, muss so ein Investor viel Geld in die Hand nehmen. Doch wie könnte der an Einnahmen kommen, um das Netz zu finanzieren? Möglich wäre etwa Werbung. Doch mit Onlinewerbung lässt sich viel zu wenig Geld einnehmen. Außerdem müsste die Werbung dann noch zusätzlich zu der Werbung erscheinen, die auf den einzelnen Webseiten steht. Auch für die Nutzer wäre das nicht attraktiv.
Alternativ könnte der Betreiber auch von den Nutzern Geld verlangen. Allerdings gibt es bereits vier Mobilfunknetze, über die man inzwischen recht günstig surfen kann - und zwar auch außerhalb des S-Bahn-Rings. Oder der Betreiber könnte nicht das gesamte Internet zeigen, sondern nur die Webseiten, die ihn an ihren Einnahmen beteiligen. Ebay und Amazon könnten dann dafür zahlen, dass sie frei zu empfangen sind, nichtkommerzielle Projekte wie Wikipedia nicht.
Kurzum: Ein kostenloser Internetzugang für alle und überall ist eine tolle Idee, aber völlig unrealistisch. Außer der Senat finanziert das Projekt selbst, indem er das Geld an anderer Stelle kürzt, ein paar mehr Schulden aufnimmt oder eine Steuer erhöht. Doch derzeit nutzt nur eine kleine, lautstarke Elite das Internet auch unterwegs. Wer sich aber ein mobiles Internetgerät leisten kann, der soll auch selbst für den Onlinezugang über das bereits bestehende Handynetz bezahlen.
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