Kommentar zu Erdogans Rede: Doppelte Staatsbürger
Erdogan hat eine Wahlkampfrede gehalten. Er verspricht den Türken eine doppelte Staatsbürgerschaft light. Die Bundesregierung hingegen macht keine Angebote.
N icht die Rede, die der türkische Premier Tayyip Erdogan am Sonntag vor Tausenden Anhängern und Fans in Düsseldorf hielt, war "verstörend", wie FDP-Generalsekretär Christian Lindner meinte. Verstörend sind vielmehr die Reflexe deutscher Regierungspolitiker. Sie folgen dem gleichen Reiz-Reaktionsmuster wie vor drei Jahren. Schon damals warb Erdogan bei einem ähnlichen Auftritt in Köln für Spracherwerb und Bildungsaufstieg seiner türkischen Bürger in Almanya, geißelte aber "Assimilation" pathetisch als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Erdogan hat in Düsseldorf eine Wahlkampfrede gehalten und dabei die innen- wie außenpolitischen Erfolge seiner Regierung herausgestrichen. Denn im Juni stehen in der Türkei wieder Wahlen an, und Erdogan möchte dort seine absolute Mehrheit verteidigen. Dazu setzt er auch auf die Stimmen der türkischen Diaspora, die in Deutschland Gewicht hat.
Wen es stört, dass türkische Politiker ihre Wahlkampfreden auch in Deutschland schwingen, der sollte bedenken, dass 1,6 Millionen Menschen hierzulande eine türkische Staatsbürgerschaft besitzen.Wer möchte, dass sich diese Menschen stärker mit Deutschland identifizieren, darf sie nicht bloß darüber belehren, wie wichtig die deutsche Sprache ist: Das ist banal. Er muss Angebote machen.
DANIEL BAX ist Redakteur im Meinungsressort der taz.
Was aber hat die Bundesregierung in den letzten drei Jahren getan? Hat sie Türken die Einbürgerung erleichtert? Hat sie die doppelte Staatsbürgerschaft oder das kommunale Wahlrecht eingeführt? Nein.
Erdogan dagegen verspricht all jenen Türken, die deutsche Staatsbürger werden wollen, eine "blaue Karte", mit der sie in der Türkei privilegiert bleiben. Diese doppelte Staatsbürgerschaft light könnte vielen die Entscheidung für den deutschen Pass erleichtern.
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